Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll179. Sitzung / Seite 35

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Wer schützt meine Wohnung vor dem Hochwasser?, ist es laut ÖVP genauso, dass es vermeintlich, im ersten Augenschein, eine einfache Antwort gibt: Die Zivildiener werden sie schon schützen und helfen. (Abg. Amon: Sie haben ja keine Ahnung! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Diese Antworten der ÖVP auf komplexe Fragestellungen in der Sozialpolitik, auf kom­plexe Fragestellungen der Gesellschaftspolitik und des Katastrophenschutzes haben nur einen einzigen Background, nämlich das alte tradierte System des Kalten Krieges aufrechtzuerhalten, einfach das alte System des Zivildienstes und des Grundwehr­dienstes aufrechtzuerhalten. Das ist Sozialpolitik à la ÖVP, und das ist meiner Ansicht nach einfach moralisch und politisch falsch. (Beifall bei den Grünen.)

Dieses alte System basiert auf Einberufungen, auf Musterung, auf Stellungsbefehl, auf Bestrafungen, auf Degradierungen, auf Zwangsverpflichtungen, und das alles braucht nicht nur die Erneuerung, das braucht tatsächlich die Abschaffung und die Umstruktu­rierung des gesamten Sozialsystems in ein System, in dem existenzsichernd entlohnt wird und das vor allem für Frauen und Männer gleichberechtigt zugänglich ist. (Beifall bei den Grünen.)

Lassen Sie mich, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit ein paar Mythen auf­räumen.

Erstens: Der Grundwehrdienst kostet die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen 200 Mil­lionen €, der Zivildienst kostet die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen insgesamt 140 Millionen € pro Jahr. (Abg. Großruck: Und was bringt er?) Das bedeutet 340 Mil­lionen €. Was daran billig sein soll, verstehe ich nicht und das kann mir auch bis dato niemand erklären, denn wenn diese 340 Millionen € tatsächlich in aktive Arbeitsmarkt­politik fließen, wenn sie tatsächlich zur Stützung des Sozialsystems vorhanden wären, dann wäre die Debatte über den Zivildienst überhaupt keine essenzielle mehr und sie würde auch überhaupt nicht mehr so sehr im Mittelpunkt stehen.

Mythos Nummer zwei: Wenn der Zivildienst fällt, gibt es keinen verlässlichen Ersatz für die jetzt geleistete Arbeit. – Die ÖVP und auch die Ministerin hinter mir gehen davon aus, dass die Zivildiener die einzige Stütze des Sozialsystems sind; in der Kinderbe­treuung, wie wir gehört haben, in der Altenpflege, aber auch in den Blaulicht-Organisa­tionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie gehen davon aus, dass, wenn die Wehr­pflicht und der Zivildienst tatsächlich abgeschafft werden, diese 340 Millionen € an­scheinend irgendwohin verschwinden, aber nicht im Sozialsystem landen. Das ist mei­ner Ansicht nach die völlig falsche Annahme und beweist nur einmal mehr, dass die Kampagne der ÖVP in die völlig falsche Richtung geht, nämlich das tradierte System aufrechtzuerhalten, anstatt gescheite Arbeitsmarktpolitik für den Sozialbereich zu ge­währleisten. (Beifall bei den Grünen.)

Frauen und Männern einen gleichberechtigten Zugang in ein Sozialsystem zu gewäh­ren, in dem existenzsichernd entlohnt wird, das sozialrechtlich abgesichert und für alle ab 18 Jahren offen ist: Was an dieser Vorstellung, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist so schwierig, um es nicht nur als Vision zu sehen, sondern tatsächlich um­zusetzen? Ich bin davon überzeugt, dass es funktionieren kann, ein Sozialsystem wirk­lich auf bezahlte Füße zu stellen.

Auch mit Mythos Nummer drei ist noch aufzuräumen. Meine sehr verehrten Damen und Herren von der ÖVP, es ist empörend, dass Sie hier stehen und sagen, wenn der Zivildienst fällt, fällt auch der so wichtige Gedenkdienst. Das ist empörend und tat­sächlich falsch. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Wenn die ÖVP die Gedenkdiener nicht einmal jetzt schon absichert, während noch die Innen­ministerin zuständig ist für die so wichtigen Dienste, ist es mehr als falsch und empö-


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