Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll179. Sitzung / Seite 38

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Erfolgsgeschichte? Der Zivildienst ist ja vor einigen Jahren sogar noch als moralisch bedenklich eingestuft worden. Ich kann mich noch erinnern, als der Herr Bundesmi­nister Darabos angelobt wurde, hat es geheißen: Wie kann man nur einen Zivildiener als obersten Heerführer beziehungsweise als Minister für die Landesverteidigung ver­eidigen? Wie kann das sein? (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Abg. Strache: Er ist oh­nehin kein Verteidigungsminister!) Das heißt, es ist sehr, sehr negativ argumentiert worden, weil er eben ein Zivildiener war.

Der Zivildienst ist ein Wehrersatzdienst, das wissen wir ja. Das heißt, da sind Leute, die gesagt haben, sie wollen mit ihrer Zeit, die sie ja ableisten mussten, etwas Sinn­volles anfangen, und sie sind eben nicht zum Bundesheer gegangen, sondern sie ha­ben gesagt, sie wollen etwas Sinnvolles für die Gesellschaft tun. Das ist der Hinter­grund. Und wenn heute davon gesprochen wird, dass der Zivildienst eine Erfolgsge­schichte ist, dann frage ich mich: Für wen? Ist es eine Erfolgsgeschichte für jene, die das machen mussten, oder für jene, die sich billig Arbeitskräfte verschafft haben?

Das ist ja der Hintergrund: Es geht nicht darum, dass die Zivildiener so großartige Leistungen erbracht haben, denn wie wir schon vorher vom Kollegen Scheibner gehört haben, sind es hauptsächlich Hilfsdienste, die dort gemacht werden. Da geht es nicht um hoch qualifizierte Arbeiten, es geht um Hilfsdienste. Der Hintergrund ist: Es ist billig, es ist einfach billig. Diese 13 000 Zwangsverpflichteten leisten in Österreich billigste Ar­beit.

Das ist der Hintergrund, darum geht es, und darüber sollten wir reden. Das heißt, wir sollten darüber reden, ob es nicht andere Möglichkeiten gibt, diesen Organisationen billige Arbeitskräfte zur zu Verfügung stellen, oder – was ja auch ein denkbarer Weg wäre – man unterstützt diese Organisationen finanziell, damit sie ordentliche Arbeits­kräfte zur Verfügung haben. Das wäre doch auch einmal ein guter Ansatz, statt zu ar­gumentieren, wir brauchen den allgemeinen Zwang, um diesen Organisationen billige Arbeitskräfte zur zu Verfügung zu stellen. Das wäre eine ehrliche Diskussion. (Beifall beim Team Stronach.)

Unterhalten wir uns jetzt darüber, was wirklich wichtig ist, was das Bundesheer braucht! Das Bundesheer braucht keinen Zwang. Wir brauchen keine Zwangsverpflich­teten. Es ist auch nicht nötig, jedes Jahr 30 000 Österreicher neu auszubilden für et­was, was keiner braucht. (Abg. Mag. Gaßner: Richtig!) Die allgemeine Wehrpflicht kommt ja aus einer Zeit, wo wir große Schlachten zu erwarten hatten, wo wir große Panzerschlachten im Herzen Europas zu erwarten hatten. Daher kommt die allgemeine Wehrpflicht: um möglichst viele halbwegs ausgebildete Menschen zu Verfügung zu haben, um im Kriegsfall relativ unausgebildetes Kanonenfutter zu haben. (Abg. Amon: Sie wissen nicht, was Sie da sagen!) Wenn man das historisch betrachtet, dann ist das so.

Jetzt machen wir einen Umweg: Wir bilden jedes Jahr 30 000 Menschen aus, die das spätestens nach zwei Jahren wieder vergessen haben, was sie gelernt haben, stecken unwahrscheinlich viel Geld hinein für nichts. Das bringt nichts. Es wär doch hundertmal besser, wenn wir die Kraft, die Energie und vor allem das Geld dort hineinsteckten, wo wir es brauchen. Wir brauchen es bei gut ausgebildeten Soldaten. Aber in sechs Mona­ten schafft man das nicht. Man kann in sechs Monaten nicht einen gut ausgebildeten Soldaten generieren. Das geht nicht. Das heißt, wir müssten es schaffen, dass sich je­mand freiwillig zumindest zwei Jahre ausbilden lässt – aber dann eben freiwillig.

Und was den Zivildienst betrifft: Wir müssen die Menschen nicht zwangsverpflichten, um sie dann als billige Arbeitskräfte – ich sage jetzt – zu missbrauchen, sondern wir könnten hier einen anderen Weg gehen. Wir könnten einen freiwilligen Sozialdienst einführen, auch zweijährig, oder – und das ist auch ein Ansatz, den wir überlegen müs­sen – noch etwas anderes: Es gibt ja in Österreich sehr, sehr viele Langzeitarbeitslose,


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