geklatschte Vergleichsbeispiel vom vollen und leeren Glas jetzt einmal nicht erwähnen. Die Meinungen gehen sehr auseinander. Was über die Ärztekammer und deren Funktionäre gesagt wurde, spiegelt nicht das wider, was alle Ärzte denken. Die Ärzteschaft ist kein monolithischer Block.
Unter den angestellten Ärzten ist sicher die Mehrheit für ELGA, weil sie in ähnlichen Systemen groß geworden sind und damit leben. Im Praxisbereich gibt es Widerstände, einerseits aufgrund des Datenschutzes und andererseits aufgrund eines befürchteten Mehraufwandes und einem Mehr an Bürokratie. Argumentiert wird, dass dann weniger Zeit für den Patienten bleibt.
Das Pentagon wurde schon mehrfach erwähnt. Würde man aber dieses Beispiel überstrapazieren, wären wir im Mittelalter. Dann dürfte man nirgendwo Daten speichern, egal wo. Ich glaube nicht, dass Österreich auf dem Weg zur Monarchie ist.
Wir sind auch Pflichtmitglieder bei den Krankenkassen. Da gibt es kein Opt-in. Das Opt-in wird dann schwierig, wenn ganze Länder mit ihren Ärztekammern den Patienten abraten, sich in die sogenannte oder gefürchtete Gefahr zu begeben. Wenn Ärzte sagen: Macht das nicht, ihr seid gläsern, jeder schaut rein!, was werden die Patienten dann tun? – Sie werden es nicht machen.
Allerdings hat Öllinger recht: Mehr Patientenfreundlichkeit wäre von Nutzen gewesen, und möglicherweise wäre dann auch ein aktives Opt-in kein Problem gewesen.
Trotzdem: Es bleiben noch vier Jahre Zeit, bis ELGA etabliert wird, und diese Chance muss, glaube ich, genutzt werden.
Das Fessel-Institut ortet eine Zustimmung von 80 Prozent der Bevölkerung. Da würde ich aber auch vorsichtig sein, da wahrscheinlich 80 Prozent im Detail nicht so informiert sind, dass sie sozusagen im vollen Bewusstsein von Pro und Kontra darüber urteilen können.
Ich rede jetzt aber auch von der gelebten Praxis. Wie oft habe ich erlebt, dass mitten in der Nacht ein Patient mit Angehörigen kommt, die sagen, dass er drei Tage vorher noch bei uns in der Klinik war. Und es war unmöglich, da Daten zu bekommen – unmöglich. Der Arztbrief und die Fieberkurve waren im Arztzimmer unter sehr hohen Stapeln von zu diktierender Arztbriefen; wenn korrekt gehandelt, sogar versperrt in einem Schrank, was aber eher die Seltenheit war. Es gab keinen Zugang.
Leute kommen oft aus Pflegeheimen, die in der Nacht unterbesetzt sind, massiv unterbesetzt sind, sie kommen teilweise wegen Kleinigkeiten. Und wenn man sie fragt, sagen sie, sie haben eine gelbe Tablette, drei rote und zwei weiße Tabletten genommen. – Es sind keine Daten da, auch von Pflegeheimen nicht.
Ich habe einen tragischen Fall gesehen, wo man einer Patientin – selbst Oberärztin – Befunde und Arztbriefe gefälscht hat, um sie im Glauben zu halten, sie hätte keine Metastasen eines bösartigen Tumors. Sie kommt mit epileptischem Anfall herein, in eine andere Klinik, nicht in die angestammte, niemand weiß, was sie hat. Wenn man gewusst hätte, dass es Hirnmetastasen gibt, dann hätte man auch die Epilepsie erklären können, und so weiter.
Also zu sagen, dass das alles für den Patienten keinen Sinn macht, halte ich für schwer überzogen. (Beifall der Abg. Dr. Moser, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Kopf.)
Patienten können erstmals in ihre Befunde und Datenlagen schauen – erstmals! Früher hat man den Patienten sogar Arztbriefe vorenthalten, die haben sie gar nicht bekommen. Chefärzte, Betriebsärzte, Schulärzte haben keinen Zugriff auf die Daten, und das ist schon etwas. Auch freiwillige Versicherungen nicht, Privatversicherungen nicht, der Arbeitgeber nicht – das ist für mich schon ein gewisses Moment der Sicherheit.
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