Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll181. Sitzung, 14., 15. und 16. November 2012 / Seite 346

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Und wenn wir schon dabei sind: Wenn Sie sagen, eigentlich ist ohnehin alles gut und warum regen wir uns da auf, was regt sich da die Ärztekammer auf, möchte ich als Antwort einfach nur einen Leserbrief vorlesen, der den Zustand des momentanen Gesundheitssystems eigentlich auf den Punkt bringt.

Ein Arzt schreibt in einer Zeitung – er ist aus Frauenkirchen – über eine Patientin, die eine zahnärztliche Versorgung benötigt, wofür es in Österreich überhaupt keinen Zuschuss gibt, übrigens auch nicht in Zukunft, mit den glorreichen Aktionen, die Sie uns hier angekündigt haben. Also sie geht zur Ombudsstelle der Krankenkasse und fragt dort, welchen Zuschuss für eine Porzellankrone sie bekommen könnte. Da wird ihr geantwortet – die erteilte Auskunft wörtlich –: „Fahren S’ doch ins benachbarte Ausland, dort kommen Sie viel billiger davon, und einreichen können Sie die Rechnung auch noch bei uns.“

Das sagt eigentlich alles über das derzeitige Gesundheitssystem.

Sparen ist natürlich gut, Herr Minister. Sparen ist gut, aber Vorrang muss der Patient haben! Und wenn wir von Geheimverhandlungen reden, dann sind das natürlich Geheimverhandlungen jetzt in Bezug auf die Gesundheitsreform. Geheimverhandlung heißt ja nicht, dass wir nicht wissen, dass verhandelt wird, wir wissen nur nicht, was verhandelt wird. Ein wesentlicher Träger der Versorgung der Bevölkerung, nämlich die Ärzte, sind außen vor. Dass da ein Unmut entsteht in diesen Kreisen, ist doch ganz vernünftig und ganz selbstverständlich.

Deshalb werde ich jetzt hier auch noch ein paar Punkte aufgreifen und der Bevölke­rung sagen, was es eigentlich bedeutet, wenn das kommt, was Sie vorhaben.

3,4 Milliarden € sollen eingespart werden. Das Ganze soll an das Wirtschaftswachstum mit 3,6 Prozent maximaler Steigerung gekoppelt werden. Es wird da vollkommen über­sehen, dass die Menschen älter werden. Es wird vollkommen übersehen, dass die Medizin natürlich teurer wird, weil sie auch besser wird. Wenn wir zum jetzigen Stand einfrieren, bedeutet das nach Adam Riese selbstverständlich Einsparungen, und Einspa­rungen gibt es ja auch jetzt schon.

In Wien wird die Kassenversorgung derzeit schleichend heruntergefahren. Das wissen wir alle. Es werden Krankenkassenplanstellen nicht mehr besetzt. Es werden Selbst­behalte weiterhin nicht abgeschafft. Nur als letztes Beispiel zu diesem Punkt: Es werden zum Beispiel bei der physikalischen Medizin schlicht und einfach statt zehn Behandlungen nur mehr sechs bewilligt. Das sind Dinge, die real vorhanden sind. Das können wir nicht einfach wegdiskutieren und so tun, als ob nichts wäre.

Es gibt natürlich auch vernünftige Konzepte, auch da könnten Sie sagen, wir schimpfen nur und haben keine Konzepte. Ich sage schon seit Langem, eine Umverteilung der Patientenströme vom Krankenhaus hin zu den niedergelassenen Ärzten ist die richtige Lösung. Aber dafür müssen wir auch die Infrastruktur schaffen. Das bedeutet, dass wir den Ärzten mehr Rechte einräumen.

Das wissen die Menschen, die jetzt vielleicht vor den Fernsehern zuschauen, gar nicht, aber Ärzte dürfen keine Ärzte anstellen. Dadurch können sie auch keinen 24-Stunden-Dienst aufrechterhalten. (Abg. Fürntrath-Moretti: Sie können … abschließen!) Sie können/dürfen keine Ärzte anstellen, brauchen aber am Wochenende auch Ihre Freizeit, denn ich kann nicht 100 Stunden arbeiten – ich habe selber eine Praxis –, das geht einfach nicht. Das heißt, ich muss Ärzte anstellen dürfen. Ich verstehe nicht, warum sich die Sozialdemokratie so mit Händen und Füßen dagegen wehrt.

Es muss auch eine ordentliche Ärzte-GesmbH-Struktur geschaffen werden, und viele weitere Dinge.

 


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