Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll185. Sitzung / Seite 87

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teilweise Wertediskussionen. Eine Minderheit darf jedoch – und das ist eine Selbst­verständlichkeit – niemals der Mehrheit ihre Lebensumstände aufzwingen! Die Betonung liegt auf „zwingen“.

Die Diskussion des Kulturrelativismus führt heutzutage zu einer Hierarchie von Volkszugehörigkeiten in Europa. Dies führt zu einer Hierarchie von ethischen Grundhaltungen. Es führt zu einer Hierarchie von Lebenskonzepten, die nicht in Relation zu unseren europäischen Wurzeln stehen. Eigentlich könnte man es ganz einfach sagen: Es gibt kein richtiges Leben im falschen. (Abg. Dr. Pirklhuber: Das sagt Adorno! – Abg. Mag. Steinhauser: Kein Mensch weiß, was Sie uns sagen wollen! – Weitere Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich sage es Ihnen ganz genau. Der europäische Kontinent hat eine lange und fas­zinierende Geschichte. (Abg. Dr. Pirklhuber: Theodor Wiesengrund Adorno!) Obwohl wir heutzutage in einer säkularen Gesellschaft leben, hat unser Kontinent tiefe und unwiderlegbare Wurzeln, gemeinhin Christentum genannt.

Mit der Französischen Revolution wurde die Macht der Kirche beendet. Aber es wurde nicht der Inhalt der Botschaft beendet! Das ist weiterhin unser Fundament, auf dem wir heute hier in unseren europäischen Gesellschaften leben. (Abg. Mag. Schickhofer: Die Nächstenliebe!) Ohne das gibt es kein Europa, sage ich Ihnen, meine Damen und Herren, und es würde auch dieses Europa nicht geben, wenn wir nicht diese zwei­tausendjährige Geschichte hinter uns gebracht hätten.

Das heißt, diese Identität, gemeinhin bekannt als christliches Abendland, prägt unsere Identität, ob man das will oder nicht. Deshalb geht ein Mehr an Europa nicht mit einer geringeren Identität! Ein Mehr an Europa geht nicht mit geringeren Werten und mit geringeren Wurzeln. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.) Deshalb erwarte ich mir eigentlich in einem Außenpolitischen Bericht – um wieder bei der Sache als solcher zu sein – mehr an Stellungnahme zu diesem Thema.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die europäische Außenpolitik. Weil hier der Paläs­tinenser-Antrag in den Vereinten Nationen angesprochen worden ist: Da hat Europa ein erbärmliches Bild abgegeben, meine Damen und Herren! Es war nicht imstande, hier eine gemeinsame Definition zu erwirken. Ganz egal, wo man steht – dafür, dagegen, Neutralität –, es war keine einzige ... (Abg. Dr. Bartenstein: Welcher Mei­nung sind Sie?) Nein, nein, ich will nicht, dass wir ... (Abg. Dr. Bartenstein: Haben Sie eine Meinung?)

Wir haben eine Meinung, die sage ich Ihnen auch. Unsere Meinung ist – das haben wir auch im Ausschuss gesagt –, wir sind prinzipiell für eine Zwei-Staaten-Lösung. Wir sind für einen Palästinenserstaat und wir sind natürlich für das Selbstbestimmungs­recht der Israelis. Von hier aus, von diesem Standpunkt aus Fernratschläge zu geben an ein Land der Welt, wie es seine Sicherheitspolitik zu handhaben hat, ist falsch!

Die gemeinsamen Außenvertretungen der Europäischen Union bieten heutzutage eben­falls ein erbärmliches Bild – de facto bieten sie eigentlich gar kein Bild, weil es sie nicht gibt. Wir fordern deswegen, dass Sie, Herr Minister, dafür Sorge tragen, dass die österreichischen Vertretungen aufgewertet werden! Wir sollten nicht zu viel Augen­merk auf die gemeinsamen Vertretungen legen, denn diese sind eine schöne Schimäre. Die gibt es nicht.

Ganz zum Schluss: Menschenrechte, das große Kapitel Menschenrechte. Ich würde an Sie appellieren, Herr Minister, auch festzuschreiben, welchen Schwerpunkt wir im Bereich Menschenrechte legen wollen. Allgemeine Beschreibungen kennen wir alle auch aus Sonntagsreden, aber wir können nicht die ganze Welt observieren. Wir


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