Ich freue mich, dass der Herr Bundeskanzler bei dieser wichtigen Debatte anwesend ist, weil er auf europäischer Ebene die Zuständigkeit hat, die österreichische Position zu vertreten. Es ist das also nicht, so wie die ÖVP das heute am Vormittag dargestellt hat, ein Hirngespinst ohne reale Grundlage, sondern eine echte Bedrohung, die da auf uns zukommt, ein Anschlag auf das österreichische Trinkwasser. Daher ist es aus unserer Sicht wichtig, das zu thematisieren. (Beifall beim BZÖ.)
Schon im März letzten Jahres haben die Bürgermeister vieler europäischer Städte das kritisiert, die Bürgermeister von Berlin, Triest, Bratislava, aber auch der Wiener Bürgermeister.
Und da bin ich schon bei der SPÖ. Herr Häupl hat beispielsweise gesagt, diese Richtlinie ist ein Anschlag auf die Selbstverwaltung der Gemeinden, ist subsidiaritätswidrig und daher zurückzustellen. Das hat schon im März letzten Jahres der SPÖ-Bürgermeister von Wien gesagt. Und er hat gute Gesellschaft bekommen vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der gesagt hat, diese Richtlinie hat negative Auswirkungen auf die Kommunen und die Beschäftigten, aber auch auf die Bürger.
In Österreich haben sich dann auch viele Parteien und Organisationen diesem Unmut angeschlossen – der Bundesrat, der Österreichische Gewerkschaftsbund, die Arbeiterkammer, alle haben sich zu dieser europäischen Richtlinie ablehnend geäußert. Und am 30. Oktober 2012 hat dann der Bundesrat im EU-Ausschuss folgende Feststellung getroffen: Eine Annahme der Richtlinie ist „ein Eingriff in das primärrechtlich gewährleistete Recht auf kommunale Selbstverwaltung“ und der Vorschlag an die Europäische Kommission lautet, „diese Richtlinie zurückzunehmen“.
Das ist ein Beschluss, der im österreichischen Bundesrat gefällt wurde. (Beifall beim BZÖ.)
Der Bundesrat hat dann einstimmig – das ist ganz wichtig, auch für das Verständnis der Abgeordnetenkollegen, damit sie wissen, was da in der Vergangenheit alles an irreführenden Argumenten passiert ist – einem Entschließungsantrag zugestimmt, auch SPÖ und ÖVP, in dem die österreichische Bundesregierung aufgefordert wurde, sich gegen die Liberalisierung der Trinkwasserversorgung einzusetzen. – Ein Auftrag des österreichischen Bundesrates an die Bundesregierung, einstimmig beschlossen.
Am 10. Dezember letzten Jahres hat sich dann der österreichische Vertreter im Rat für Wettbewerbsfähigkeit, Herr Bundesminister Mitterlehner, nicht einmal zu Wort gemeldet, hat also diesen Beschluss des Bundesrates völlig ignoriert. Herr Bundeskanzler, ich weiß nicht, ob Sie das wissen – das wäre ganz interessant –, da hat sich Ihr Gesandter und Ihr Regierungsmitglied Mitterlehner in der besagten Ratssitzung nicht einmal zu Wort gemeldet.
Am 24. Jänner – jetzt sind wir schon im Jahr 2013 – hat dann der Binnenmarktausschuss im EU-Parlament getagt. In diesem Binnenmarktausschuss wurde diese Richtlinie dann mehrheitlich beschlossen; ein Abänderungsantrag, in dem es um die Ausnahme des Wassers gegangen wäre, ist abgelehnt worden. Und am 24. Jänner hat sich dann der ÖVP-Abgeordnete Seeber zu Wort gemeldet und gesagt: Die ÖVP ist „gegen die geplante Richtlinie, weil wir keinen Änderungsbedarf sehen“. Das sagt Ihr Abgeordneter Seeber nach Beschlussfassung der Richtlinie im zuständigen Ausschuss.
Nur, damit sich alle einmal vergegenwärtigen, was da passiert ist und was Politik heute darstellt: ein einzigartiges Verwirrspiel, wo sich nicht einmal die Betroffenen selbst auskennen, was passiert und was sie sagen. (Beifall beim BZÖ.)
Und wir verlangen von den Bürgern, dass sie der Politik folgen und folgen können, wo Sie sich selbst nicht mehr folgen können und nicht wissen, was Sie alles sagen.
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