Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll187. Sitzung / Seite 291

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Den zweiten Antrag würde ich völlig anders beurteilen. Hier schließe ich mich der Interpretation des Abgeordneten Obernosterer an. Der Antrag ist leider ziemlich schlampig formuliert. Abgesehen davon, dass wir schon lange keine Gesellenprüfung mehr haben, sondern eine Lehrabschlussprüfung, geht aus dem Antragstext nicht hervor, was Sie eigentlich wollen. (Abg. Vock: Man braucht nur die Überschrift zu lesen!)

Na ja, Sie haben das so erläutert, dass Sie eben nicht wollen, dass sozusagen der Ausbildungsbetrieb die Kosten übernimmt, schreiben aber in dem Antrag, es soll nicht der Lehrling zahlen. Der Lehrling zahlt das aber nicht, weil im § 9 des Berufs­ausbildungsgesetzes geregelt ist, dass der Betrieb die Kosten übernehmen muss. Sie erläutern hier also einen anderen Ansatz, als er im Antrag steht. (Abg. Vock: Das bezahlt ja aber dann wieder der Lehrling!)

Im Zusammenhang mit der Meisterprüfung – das würde ich hier gerne ein bisschen thematisieren – ist die Problemlage eine ganz andere. Vielleicht passiert Ihnen das auch: Mir erzählen Friseurinnen immer wieder, dass sie gerne eine Meisterprüfung machen würden, sich diese aber nicht leisten können. Das wundert mich auch nicht, wenn man sich anschaut, was das tatsächlich kostet. Da muss man zum Beispiel Vorbereitungskurse machen, die beim WIFI Wien 2 160 € kosten, dann gibt es Prüfungsgebühren von 760 €, das heißt, in Summe muss man mit mindestens 3 000 € rechnen.

Jetzt ist es so: Diese Frauen sind jung, engagiert, intelligent, wollen im Leben etwas erreichen, und zwar meistens relativ bald nach einer gut absolvierten Lehrabschluss­prüfung. Und dann sollen sie 3 000 € für eine Prüfung zahlen, verdienen aber im ersten Jahr nach ihrem Lehrabschluss 1 186 €, dann bis zum 3. Jahr 1 286 €. Das sind Nettoeinkommen von rund 1 000 beziehungsweise rund 1 050 €. Das sind Einkommen an der Armutsgefährdungsschwelle, und wir wissen, BezieherInnen genau solcher Einkommen können es sich eben nicht leisten, noch etwas beiseite zu legen, um zum Beispiel etwas für eine Prüfungsgebühr anzusparen.

Ich denke, da besteht wirklich Handlungsbedarf. Es kann nicht sein, dass, wie dieses Beispiel zeigt, Tausende junge Frauen von höherer Qualifizierung, von der Meister­prüfung abgehalten werden, einfach weil sie finanzielle Hürden vorfinden. Ich denke, hier haben wir Handlungsbedarf. (Beifall bei den Grünen.)

21.28


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Riepl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.29.03

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter Vock, Ihrem Antrag werden wir von der Sozialdemokratie heute keine Zustimmung geben können. Aber ich möchte auch gleich dazusagen, dass er in irgendeiner Weise besonders textoriginell ist. Wenn man sich die Begründungen anschaut, so steht da: „Lehrlinge in einem ausbildenden Betrieb haben gegenüber Schülern einige finanzielle Nachteile“. – Allein der Satz zeigt eigentlich schon, dass Sie von der Materie keine Ahnung haben. Wo ist der Nachteil?

Eines ist klar: Der Lehrling bekommt eine Lehrlingsentschädigung, während der Schüler kein Gehalt bekommt. Also wenn, dann ist es umgekehrt, aber nicht so. Das ist schon einmal das Erste.

Zweitens schreiben Sie: „Bewerber zur Gesellenprüfung“ – der Kollege von der ÖVP hat ja schon darauf hingewiesen – „müssen die Prüfungsunterlagen und ‑gebühren aus ihrer eigenen Tasche zahlen“. – Das ist schlichtweg falsch. Ein Blick ins Berufs­aus-


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