Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll190. Sitzung / Seite 93

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

ein bisschen durchschaubarer, aber Faktum ist, dass das, was in Niederösterreich pas­siert ist, viel dramatischer ist als das, was wir in Salzburg vorfinden. Deshalb hat in ei­nem einzigen Punkt der Landeshauptmann recht: Er will sich mit Salzburg nicht ver­gleichen lassen. – Zu Recht, denn in Niederösterreich wurde ganz offenkundig ein we­sentlich größeres Casino-Schwungrad gedreht und wurden wesentlich größere Verlus­te realisiert. (Abg. Rädler: So ein Blödsinn!)

Ich werde es Ihnen gleich erklären. Kommen Sie nur, beteiligen Sie sich! Wir werden ja auf Ihre Rechtfertigungsversuche ohnehin noch ausführlich eingehen.

Das österreichische Wohnbausystem hatte lange seine guten Seiten. Es ist zu wenig Zeit, darauf einzugehen. Aber als Sie 2001 den ersten Anschlag darauf gemacht ha­ben, nämlich die Rückläufe der Kreditrückzahlungen freizugeben für das Budget oder für sonst etwas – und für Niederösterreich hat für sonst etwas gegolten –, war das der Urknall. Das war die Ursünde, die hier gemacht wurde. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.) 

2008 haben Sie überhaupt die ganze Zweckwidmung aufgehoben, da war es dann noch schlechter.

Aber bereits 2003 war es österreichweit so, dass 10 Milliarden € dem Wohnbausystem entzogen wurden, und 5 Milliarden € davon auf ganz speziell schäbige Art und Weise. (Abg. Rädler: Stimmt überhaupt nicht!) – Das können wir uns in Niederösterreich jetzt anschauen.

Andere Bundesländer haben wenigstens die Mittel dazu verwendet, um sogenannte Budgetlöcher zu stopfen – auch nicht elegant –, aber in Niederösterreich, und darauf möchte ich jetzt eingehen, hatte man eine besondere Geschäftsidee.

Was war die Idee? – Ein absolut regierender Landeshauptmann denkt sich: Wieso soll ich 20, 30 Jahre warten, bis die Rückzahlungen in mein Budget hereinkommen, dann allerdings die Schulden vermindern würden? Ich will jetzt meine Denkmäler bauen! Ich will jetzt etwas tun für die Bevölkerung!, wie es Kollege Stummvoll das letzte Mal ge­sagt hat.

Der Landeshauptmann will die Rückzahlungen verflüssigen in die Gegenwart. Das ist ein geradezu klassischer Vorgang von Forderungsverkauf. So weit, so unaufregend, könnte man meinen. Dann hat man sich gedacht – und ich glaube, das ist das Einzige, was nicht böse ist an diesem ganzen Vorgang –: Überall macht man viel mehr Rendi­ten, als wir Zinsen zahlen.

Ich glaube, dass das tatsächlich der Gedanke war (Abg. Rädler: Hellseher!) und dass man sich überlegt hat: Wenn wir das Geld jetzt nehmen und anlegen und mehr Rendite kriegen, als wir auf der anderen Seite Zinsen sehr wohl aufbringen müssen – denn dieses Geld fehlt uns ja bei den Budgeteinnahmen –, dann haben wir eigentlich durch den Zuwachs ein schönes, großes, millionenschweres Körberlgeld, um Gutes für das Land zu tun. Wir brauchen also gar nicht in die Substanz zu greifen. (Zwischenrufe der Abgeordneten Schittenhelm und Rädler.)

Genau so wurde es auch im Landtag beschlossen, gegen die Stimmen der Grünen – als Einzige, das können Sie in den Protokollen nachlesen –, weil wir damals schon ganz genau auf die Risken hingewiesen haben, weil es auf Dauer und im Durchschnitt gar nicht vorstellbar ist – und das war ja das Wesen der Finanzkrise überhaupt –, dass immer höhere Renditen erzielt werden können, als auf der anderen Seite Kreditzinsen zu zahlen sind.

Das ist doch im Großen die Ursache für die Finanzmarktkrise, aber „im Kleinen“ – unter Anführungszeichen – mit die Phantasie der niederösterreichischen ÖVP gewesen, die dieses Risiko eingegangen ist, obwohl es überhaupt nicht hätte sein müssen und auch nicht hätte sein sollen und auch nicht hätte sein dürfen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite