Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll193. Sitzung / Seite 134

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Dies umso mehr, als auch in Österreich weder die Einlagen vor Zwangsabgaben gesichert sind und auch die Banken staatlicherseits zeitweise geschlossen werden können.

Wenn die Bundesregierung und die Nationalbank jetzt versuchen, die Österreiche­rinnen und Österreicher mit dem Hinweis zu beruhigen, dass derartige Enteignungs­maßnahmen in Österreich nicht geschehen könnten, so ist dies unrichtig: Die Beteue­rungen der Bundesregierung, wonach die Einlagen der Österreicherinnen und Österreicher sicher sind, basieren ausschließlich auf der Sicherung der Einlagen im Fall von Bankinsolvenzen. In Zypern wird die Zwangsabgabe allerdings erhoben, um die Insolvenz der Banken zu verhindern, womit eine Einlagensicherung – die auch in Zypern besteht – aber gerade nicht greift.

Ebenso ist es auch in Österreich möglich, Banken – wie jetzt in Zypern – zu sperren und den Zahlungsverkehr staatlich verordnet lahmzulegen. § 78 des Bankwesen­gesetzes regelt dazu die Einzelheiten. Die darin beschriebenen Maßnahmen reichen von der zeitweisen Sperre der Kreditinstitute im gesamten Bundesgebiet bis zum Stopp von Überweisungen und Zahlungen. Durch die „Gefahr in Verzug“-Bestimmungen können diese Maßnahmen innerhalb von Stunden allein von der Bundesregierung verhängt werden, wenn volkswirtschaftlicher Schaden dadurch abgewendet werden kann.

In diesem Zusammenhang stellen die unterzeichneten Abgeordneten an die Frau Bundesministerin für Finanzen folgende

Dringliche Anfrage:

1. Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen betreffend die „Rettungspläne“ für Zypern?

2. Welche konkreten Vorgaben haben die Finanzminister vor dem Treffen der Finanz­minister der Eurogruppe am letzten Wochenende vom IWF bzw. von der Troika bekommen, wie lief das Treffen der Finanzminister vom Anfang bis zur Entscheidungs­findung im Detail ab, welches Ergebnis wurde in welcher Form erzielt und welchen Standpunkt haben Sie mit welcher Begründung konkret vertreten?

3. Wurden die möglichen Auswirkungen eines erstmaligen direkten Zugriffs auf die Guthaben von Sparern auf deren Verhalten, und auf das Vertrauen der Finanzmärkte besprochen und wurden hypothetische Szenarien durchgespielt, und wenn ja, welche konkreten Ergebnisse wurden erzielt und inwieweit sind diese in die Entscheidungen mit eingeflossen?

4. Wer wurde von Ihnen innerstaatlich über den Entscheidungsprozess und die Verhand­lungsergebnisse der Finanzminister der Eurogruppe informiert und wer hat sich damit einverstanden erklärt, dass Sie diesen Angriff auf die Sparer unterstützen?

5. Hat sich insbesondere der Bundeskanzler, den Sie doch sicher vor der Beschluss­fassung durch die Finanzminister der Eurogruppe vom Verhandlungsergebnis infor­miert haben, zu diesem Zeitpunkt explizit gegen den Eingriff auf die Sparguthaben ausgesprochen?

6. Waren Sie bei der Letztentscheidung maßgeblich beteiligt oder ist den Gerüchten Glauben zu schenken, wonach Sie von der Entscheidung ausgeschlossen wurden, und wenn ja, warum haben Sie diese Entscheidung in der Öffentlichkeit dennoch mitge­tragen?

 


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