Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll196. Sitzung, 3. April 2013 / Seite 29

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Vergabeverantwortlichen im  Ministerium von informellen Kontakten und etwaigen Interventionsversuchen frei zu halten. Dieser Weg sei rechtlich zulässig und stelle bei großen Vergabeverfahren keine Besonderheit dar.“ Eine derartige Institutionalisierung eines Ansprechpartners für unzulässige Interventionen ist bemerkenswert und muss hinterfragt werden.

Insgesamt ergibt sich damit ein klares Bild:

1. Seit der Übernahme des Innenministeriums durch die ÖVP wurde vom Kabinett der Bundesminister ein Netzwerk aufgebaut. Die beiden Schlüsselpersonen dieses Netzwerkes sind Christoph Ulmer und Günther Kienpointner.

2. Die weiteren Beteiligten sind Martin Malaun, Wolfgang Gattringer, Christian Nord­berg und Alfons Mensdorff-Pouilly.

3. Über dieses Netzwerk wurden „Beraterverträge“ vergeben und Steuergelder verteilt.

4. Dabei wurde auf gesetzliche Bestimmungen (Verpflichtung zur Ausschreibung gem. ÖNORM 2050, Beachtung der Wertgrenze von 100.000 Euro...) keine Rücksicht genommen.

5. In vielen Fällen konnten keine den Zahlungen entsprechenden Leistungen fest­gestellt werden.

6. Die „Berater“ des BMI-Netzwerkes wurden gleichzeitig für ÖVP-Wahlkämpfe in Wien, in der Steiermark, in Niederösterreich und für das EU-Parlament tätig. Ob hier eine Querfinanzierung der ÖVP durch das BMI stattfand, kann erst geklärt werden, wenn die entsprechenden Unterlagen der ÖVP vorliegen.

7. Unter BM Grasser ist zur selben Zeit rund um den „Berater“ Walter Meischberger ein vergleichbares Netzwerk der FPÖ entstanden. Das BMI-Netzwerk der ÖVP-Berater stellt offensichtlich das schwarze Pendant zum blauen Grasser-Netzwerk dar.

8. Es besteht der begründete Verdacht, dass das ÖVP-Beraternetzwerk in der Folge vom Innenministerium auf das Landwirtschaftsministerium und auf das Finanzminis­terium ausgedehnt worden ist.

9. Der Gesamtschaden durch die ÖVP-Berater liegt mit Sicherheit weit über einer Million Euro. Da die Untersuchungen erst begonnen haben, kann er noch nicht seriös abgeschätzt werden.

Da es sich auch hier offensichtlich um den Missbrauch von Steuergeldern handelt, stellen die unterfertigenden Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage:

Das System

1. Vor kurzem legte der Rechnungshof dem Parlament seinen Prüfbericht zur „Vergabepraxis im BMI“ vor. In den überprüften Fällen stellte der RH fest: „Das BMI verzichtete in allen Fällen auf die Einholung von Vergleichsangeboten und damit auf den Nachweis der Preisangemessenheit... Der RH kritisierte insbesondere die Durch­führung von Vergabevorgängen unter Ausschluss des Wettbewerbs.“ Warum wurde zugunsten von Ulmer & Co. jeder Wettbewerb verhindert?

2. „Der RH stellte fest, dass das Kabinett entscheidende und anordnende Tätigkeiten bei Beschaffungen wahrnahm, obwohl es dazu nach § 7 Abs. 3 BMG und der Ge­schäftseinteilung des BMI nicht berufen war.“ Warum entschied das Kabinett an Stelle der zuständigen Organe über die Beraterverträge?

 


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