Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll198. Sitzung / Seite 43

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Und was war mit diesen Spielregeln? Haben sich alle daran gehalten? – Nein, eben nicht; und das ist genau das Problem.

Es hat sich eben niemand daran gehalten; Griechenland nicht, nicht einmal Deutsch­land hat sich daran gehalten. Und genau das Gleiche soll auch jetzt wieder geschehen, das Gleiche geschieht im Moment. Der ESM soll jetzt Zypern sozusagen aus den Problemen, die es selbst verschuldet hat, herauskaufen. Im ESM-Vertrag steht, dass nur dann Hilfe gewährt werden wird, wenn ein Versagen der Hilfe einen Zusammen­bruch der Eurozone nach sich ziehen würde. In Artikel 12 steht ganz klar, dass nur dann Hilfe gewährt wird, wenn es für die Eurozone unabdingbar ist. – Glauben Sie, dass das bei Zypern der Fall ist?

Zypern hat 3 Promille der Bevölkerung der Eurozone. Die Eurozone hat eine Bevöl­kerung von 333 Millionen (Zwischenruf bei der SPÖ), Zypern hat nicht einmal eine Million. Schauen wir uns die Wirtschaftsleistung an: Die Eurozone hat 10 000 Milliarden Wirtschaftsleistung pro Jahr, Zypern kommt gerade einmal auf 18 Milliarden; das sind 0,018 Promille der Wirtschaftsleistung der Eurozone.

Jetzt frage ich mich, wo das systemrelevant ist. Was könnte im Euroraum passieren, wenn Zypern pleitegeht? Können 0,018 Promille der Wirtschaftsleistung hier wirklich ein Problem hervorrufen? – Es gibt keinen einzigen Experten, der das bejahen würde. Auf der ganzen Welt gibt es keinen einzigen Experten, der das bejahen würde. (Beifall beim Team Stronach.)

Herr Schäuble hat darauf reagiert und gesagt, es sei eine negative Signalwirkung, die von der Nichtrettung von Zypern und von dieser Pleite ausgeht. – Wenn das wirklich so wäre, wenn jede Staatspleite, ganz egal, wie klein und unbedeutend der Staat ist, sofort eine negative Signalwirkung auf den Euro hätte und den Euro letztlich zum Einsturz brächte, dann bräuchten wir diese Regel im ESM gar nicht. Es steht ja drinnen, dass eben nur jenen geholfen werden darf, die im Euroraum Probleme erzeugen können.

Das heißt, wenn wir heute hier zustimmen – und ich glaube, die Tragweite ist vielen gar nicht bewusst –, dann ist der Damm gebrochen; es gibt dann keine einzige Möglichkeit mehr, einem anderen Land Hilfe zu verweigern. Es wird praktisch unge­hemmt jedem Land geholfen werden müssen, weil man es nicht mehr argumentieren kann.

Wenn man einem Land wie Zypern hilft, dem nach allen Regeln – nicht nur nach den ESM-Regeln, auch nach den Regeln, die wir im Euro hatten – nicht geholfen werden müsste, dann wird Spanien kommen, dann wird Portugal kommen; und ganz egal, wer dann kommt, wir müssen plötzlich allen helfen. Genau das ist der Punkt: dass man hier eine Schleuse aufmacht, um eine Umverteilung in der Europäischen Union und im Euroraum einzuleiten.

Wenn man sich anschaut, wie der Euro entstanden ist, dann stellt man fest: Es hat damals ganz, ganz viele Experten gegeben, die gesagt haben: Um Gottes willen, bitte gebt doch nicht so unterschiedliche Wirtschaftsnationen in einen Währungsraum, das hat in der Vergangenheit nie funktioniert! Da hat es ganz viele Experten gegeben, die sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt haben. Und was hat man gemacht? – Man hat ganz strenge Regeln eingeführt: die Konvergenzkriterien. Nur, das Problem war: Man hat sich nicht daran gehalten!

Und was Griechenland betrifft, so hat man schon im Jahr 2006 gewusst, dass sie lügen und betrügen, dass sie uns hinters Licht führen, dass sie ihre Wirtschaftsdaten schönen und dass sie auch ihre wahre Finanzmalaise nicht dementsprechend melden,


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