Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll198. Sitzung / Seite 57

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100 000 €-Grenze erinnert. – So war es, Herr Bartenstein, und nicht anders. (Neuer­licher Zwischenruf des Abg. Brosz.)

Ich will ja nicht sagen, dass alles falsch war, was dann an diesem 25. März passiert ist, an dem erstmals das sogenannte Bail-in-Instrument zur Anwendung gelangte, also erstmals bei der Sanierung von Banken, bei der Abwicklung von Banken auch auf die Aktionäre, auf die Gläubiger, auf Anleihenbesitzer und auch Sparer mit Einlagen über 100 000 € zurückgegriffen wurde.

Wenn Sie, Herr Bartenstein, darauf verweisen, dass es in den USA gang und gäbe ist, dass Banken abgewickelt werden, so antworte ich Ihnen so darauf: Das, was die Euro-Finanzminister am 25. März beschlossen haben, ist ein demokratisch nicht legitimierter Beschluss dieser Euro-Gruppe. Wir haben auf der europäischen Ebene schlicht und einfach kein Bankeninsolvenzrecht mit der von Ihnen erwähnten Haftungskaskade, und es ist ein Skandal, dass wir so etwas viereinhalb Jahre nach der Pleite von Lehman Brothers noch nicht haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Genau!)

Erinnern Sie sich, Herr Kollege Bartenstein: Vor wenigen Wochen hat die Frau Finanz­ministerin einen Entwurf für ein österreichisches Bankeninsolvenzrecht in Begutach­tung geschickt, da wollte sie von dieser Haftungskaskade überhaupt nichts wissen. Ja das ist nicht einmal Gegenstand dieses Bankeninsolvenz-Entwurfs. Und auch das ist ein Skandal! Und Sie stellen sich hier her und reden von einer Haftungskaskade (Bundesministerin Dr. Fekter: Die kommt ja! Die kommt ja von der EU! Die kommt ja von der EU!) und tun so, als wäre das etwas, was auf europäischer Ebene längst beschlossen ist. Wir hätten so etwas dringend notwendig, und das Beispiel Zypern zeigt einmal mehr und ganz genau, wie dringend notwendig das in Wirklichkeit ist.

Nun aber zur eigentlichen Frage, zur Kernfrage, zum ESM-Vertrag: Zwei Bedingungen müssen erfüllt werden, damit nach dem ESM-Vertrag Zypern Hilfe bekommt, denn es geht ja nicht um Österreich. Während ich dieser Debatte hier zugehört habe, hatte ich den Eindruck, wir diskutieren über Österreich. Wir diskutieren hier über Europa, über die Zukunft der Euro-Zone und nicht über Österreich! Österreich ist allenfalls indirekt betroffen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Grosz: Was heißt „indirekt“? Direkt!)

Die erste zentrale Bedingung in Artikel 12 – hören Sie gut zu, Herr Kollege! – lautet, dass die Gewährung von Hilfen nur dann möglich ist und geschehen darf, wenn sie „zur Wahrung der Finanzstabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt und seiner Mitgliedstaaten unabdingbar“ ist. – Das heißt aber, von Zypern muss ein systemisches Ansteckungsrisiko ausgehen.

Ja, das wurde uns gesagt. In den Dokumenten, die vorgelegt wurden, wurde das aber nirgends plausibel ausgeführt. Da wurde behauptet, es gibt ein Ansteckungsrisiko von Griechenland. Das leuchtet mir noch ein, weil es eine enge Zusammenarbeit zwischen den griechischen und den zypriotischen Banken gibt, aber es ist schon viel weniger klar, dass es ein systemisches Ansteckungsrisiko von Ländern wie Italien, Spanien, Irland oder Portugal gibt. Das scheint mir doch etwas weit hergeholt zu sein!

Und wenn also jetzt ein Land mit einem Bruttoinlandsprodukt von 0,2 Prozent des EU-BIPs systemrelevant ist, stellt sich umgekehrt die Frage: Gibt es überhaupt ein Land in Europa, das nicht systemrelevant ist? Das ist ja der Umkehrschluss.

Und es wird immer so getan, als wäre diese Rettung alternativlos, und im Gegenzug wird uns, und das ist schon auch richtig so, Solidarität abverlangt. Dazu stehe ich auch, aber wozu ich nicht stehe und woran ich schon Kritik üben möchte und muss – und da bin ich sozusagen auch bei den Deutschen –, ist, dass die Troika den geretteten


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