Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll198. Sitzung / Seite 76

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13.17.54

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! In einem Punkt möchte und muss ich Ihnen auch recht geben: Ja, Zypern muss geholfen werden. Es ist wichtig, Zypern zu unterstützen. Die Frage ist nur: Ist das jetzt der richtige Weg? Wir glauben, dass das jetzige Paket und die jetzige Vorlage mit vielen Mängeln behaftet sind und gleichzeitig nicht die richtigen Maß­nahmen beinhalten.

Ich möchte gleich einmal damit beginnen, dass selbstverständlich jetzt die Gelegenheit gewesen wäre, die Zyprioten auch in die Pflicht zu nehmen und dazu beizutragen, dass auch dort die Finanztransaktionssteuer eingeführt wird. Wir wissen alle, Zypern ist eine Steueroase, Zypern hat ein überbordendes Finanzsystem, und genau dort wäre das das richtige Mittel zur Abhilfe gewesen.

Und, Frau Ministerin, Sie haben heute vom ökonomischen Anpassungsprogramm gesprochen – klingt fein. Das Einzige, was vorgekommen ist, ist, dass Sie davon gesprochen haben, dass ein Trust-Register eingeführt wird. Aber was generell fehlt, ist eine Strategie, wie die zypriotische Wirtschaft auch entwickelt wird. Es geht ja hier um Alternativen. Es geht um Alternativen zur Stärkung der Wirtschaft in Zypern, aber auch zur Stärkung der Wirtschaft in Europa.

Genau diese Entwicklung braucht es, Frau Ministerin, wenn Sie sich die Arbeits­losenzahlen anschauen, wo inzwischen der durchschnittliche europäische Schnitt bei über 10 Prozent liegt. In Zypern liegt er bei 15 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit inzwischen bei 30 Prozent, und ähnlich und teilweise dramatischer schaut es in den Krisenländern Spanien, Griechenland, Portugal aus. Das sind doch alles Belege dafür, dass die Konsolidierungskurse in dieser Form gescheitert sind.

Herr Kollege Matznetter spricht von Aufwärtstrends, Aufwärtsspiralen. Das sind aber die Spiralen, die nach unten gehen. Und selbst verschiedene sehr konservative Experten belegen, dass das in dieser Form gescheitert ist und dass es endlich einen Gegenpol zu diesen dramatischen Entwicklungen braucht, dass es Maßnahmen braucht, die das in dieser Form abschwächen und im Gegenteil die Wirtschaft stärken, Arbeitsplätze schaffen. Genau diese Arbeitslosigkeit verstärkt sich weiter, und das werden wir in Zypern dramatisch erleben.

Die Prognosen sind im zweistelligen Bereich, aber nicht im Plus, sondern im negativen Bereich, und das ist eine tiefe Rezession. Und was beinhalten die Maßnahmen­pakete? – Diese Maßnahmenpakete inkludieren etwas, das wir jetzt auch vorliegen haben, nämlich sinkende Löhne, sinkende reale Pensionen, eine Erhöhung der Gebüh­ren und vieles andere mehr. Das ist genau die falsche Richtung, nicht die, die es eigentlich braucht, und zwar nicht nur in Zypern, sondern generell in Europa.

Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Ja, wir brauchen eine Strategie zur Entwicklung, zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Aber wo ist sie? Es gibt verschiedene wichtige Ziele in Europa, die im sozialen Bereich liegen: soziale Inklusion, Armutsbekämpfung. Es gibt wichtige ökologische Ziele: im Klimaschutz, im Umweltschutz. Das sind die Bereiche, wo der Fokus der Investitionen hingelegt werden muss. Natürlich braucht es die nachhaltigen Investitionen, aber auch die sehen wir nicht. Oder wie werden auch die KMUs und die Realwirtschaft in dieser Form gestärkt?

Weiters geht es selbstverständlich auch darum, die Innovation in Zukunft zu stärken. Zypern hat eine Vorschussquote von sage und schreibe 0,4 Prozent. In dieser Hinsicht sind wir in Österreich leider, zu meinem großen Bedauern, bei Gott nicht Spitzenreiter, Österreich hat 2,81 Prozent. Das ist alles weit entfernt von den Voraussetzungen, unter denen tatsächlich ein großer Schritt vorwärts gelingen kann.

 


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