Wenn Sie nach Ihrer Lesart vorgehen und sagen, Sie helfen einfach jedem, der in Schwierigkeiten ist, warum helfen Sie dann nicht den Zehntausenden in Österreich, die jedes Jahr in Privatkonkurs gehen? Warum machen Sie das nicht? Ich kann es Ihnen sagen: Weil Sie dort die Eigenverantwortung leben! Dort sagen Sie, dass jeder für sich selbst verantwortlich ist. Wenn es aber um Staaten geht, dann gibt es diese Eigenverantwortung nach ÖVP-Lesart plötzlich nicht mehr. Genau das ist der Punkt! (Beifall beim Team Stronach.)
Wenn wir uns jetzt anschauen, was hier gerettet werden soll, dann muss man einmal wissen, wie ein Staat überhaupt pleitegeht.
Wenn ein Privater pleitegeht, ist das ein großes Problem. Da kann er Haus und Hof verlieren, da kann er seine Unterkunft verlieren. Er kann sozusagen unter die Schwelle des Existenzminimums fallen und er kann auch in existenzielle Not geraten – ein Staat nicht.
Wenn ein Staat pleitegeht, passiert nicht viel. Die Geschichte zeigt uns das. Schauen Sie sich einmal die letzten 800 Jahre der Finanzkatastrophen in Europa an. Da sind Hunderte Staaten pleitegegangen, immer wieder: Deutschland zwölfmal, Frankreich vierzehnmal. Da sind auch Länder wie Russland oder Brasilien dabei, Länder, die jetzt die großen Superstars sind, alle sind pleitegegangen.
Und was passiert, wenn ein Staat pleitegeht? – Nicht viel. Die Gläubiger, jene, die ihm vorher Geld gegeben haben, haben ein Problem. Genau darum geht es Ihnen nämlich in Wahrheit. Es geht Ihnen weder um Zypern noch um die Zyprioten, es geht Ihnen letztlich darum, dass die Gläubiger – und das sind hauptsächlich Banken – kein Geld verlieren. Darum geht es Ihnen, und da sind Sie bereit, Ihre eigene Überzeugung über Bord zu werfen.
Den Begriff Selbstverantwortung, den Sie früher so hochgehalten haben, gibt es jetzt plötzlich nicht mehr. Den gibt es nicht mehr, wenn es um Staaten geht, die angeblich gerettet werden sollen. Letztlich geht es Ihnen aber nur darum, die Gläubiger, die Banken, die diesen Staaten Geld gegeben haben, zu schützen. Genau darum geht es letztlich, und das ist das Verwerfliche.
Wenn man sich das genauer anschaut, sieht man, dass der Euro den Zyprioten ja gar nichts nützt, auch den Griechen nicht, ganz im Gegenteil. Der Euro hat den Griechen, den Zyprioten, den Spaniern massiv geschadet. Der Euro hat ihnen deshalb geschadet, weil der Euro nicht das tut, was er tun sollte, nämlich abwerten. Normalerweise müsste der Euro abwerten. Frau Merkel hat das ja auch schon gesagt, auch die französische Regierung hat das immer wieder gesagt: Der Euro müsste in Ländern, die ein Problem mit dem Export haben, abwerten, und in Ländern, die zu viel exportieren, wie zum Beispiel Deutschland, aufwerten. Deutschland exportiert zu viel und Griechenland exportiert zu wenig. Genau umgekehrt proportional verhält es sich mit den Importen, das heißt, die Währung kann nicht mehr reagieren.
All diese Verwerfungen, die wir bei den
Handelsbilanzen, bei den TARGET2-Salden sehen – überall haben
wir Probleme –, entstehen ja erst durch den Euro. Wir tun den
Zyprioten keinen Gefallen, der zypriotischen Bevölkerung schon gar nicht.
Auch dem zypriotischen Staat wäre es egal, wenn er pleiteginge. Ein
Problem haben nur die Gläubiger, nicht die Menschen in Zypern. Dann
müsste man auch nicht ein Sparpaket fahren, das die Leute dann
dementsprechend in die Armut treibt. Nur, man will es nicht, so wie man es bei
Griechenland nicht wollte. Griechenland hätten wir auch pleitegehen lassen
können, das wäre kein Problem gewesen, kein Beinbruch. Wahrscheinlich
wäre Griechenland jetzt schon wieder auf den Füßen, so wie
Argentinien, Brasilien, Russland, viele andere Länder, die diesen Weg
ja schon gegangen sind. Die haben das
ja alles schon erlebt und sind auch nach wenigen Jahren wieder auf die
Füße gekommen.
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