Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 96

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alleinige Ursache, das Kernproblem der Eurozone, der liegt in der Diagnose nicht rich­tig, denn die Schulden sind nicht die Ursache, sondern die Folge. Mittlerweile hat sich nämlich auch bei zahlreichen Ökonomen und Politikern die Überzeugung durchgesetzt, dass die Ursache für die Probleme innerhalb der Eurozone nicht die Staatshaushalte sind, sondern die Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit der gemeinsamen Eu­rozone.

Diese Ungleichgewichte – so schreibt Heiner Flassbeck, damals Chefökonom der Ver­einten Nationen, in einem Aufsatz am 1. Juni 2012 – sind zu einem erheblichen Teil von Deutschland verursacht. Deutschland – und in abgeschwächter Form auch Öster­reich, weil wir uns sehr oft an die Entscheidungen von Deutschland anhängen – hat sich mit Lohnzurückhaltung und den daraus folgenden niedrigen Lohnstückkosten ei­nen Wettbewerbsvorteil gegenüber den südlichen Ländern erarbeitet. Das hat zu Han­delsbilanzdefiziten geführt, die über Kredite, über Schulden finanziert werden mussten.

Wer nun glaubt, dass diese Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit über Nacht, zum Beispiel durch Ausscheiden aus der Eurozone und Abwertung, beseitigt werden können, der irrt. Die Folge wäre eine tiefe Rezession, denn die Überschussländer wür­den sofort ihre Exporte verlieren und auch in die Krise schlittern.

Es ist notwendig, den angeschlagenen Volkswirtschaften die Zinslast zu erleichtern und die Rückkehr zum Wachstumspfad zu ermöglichen. Wer des Weiteren glaubt, ein Land könne seine Wettbewerbsposition halten und die anderen aber gleichzeitig ver­bessern, ist völlig auf dem Holzweg. Der Anpassungsprozess der Wettbewerbsfähig­keit und das Erreichen von ausgeglichenen Handelsbilanzen wird ein langwieriger Pro­zess, der uns noch einige Jahre begleiten und der uns auch vieles abverlangen wird.

Abschließend, meine Damen und Herren: Es war notwendig und richtig, Zypern zu hel­fen und zu retten. Für die Zukunft der Eurozone wird es entscheidend sein, wie schnell es uns gelingt, auf den Wachstumspfad zurückzukehren, die Zinslast zu erleichtern und die Ungleichgewichte in der Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Mitgliedsländer auszu­gleichen. Die Folgen – sollte uns das nicht gelingen – kann sich jeder selbst ausma­len. – Danke. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

13.51


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Ross­mann. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.51.09

Abgeordneter Mag. Bruno Rossmann (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich nehme einmal nach den Ansagen der Kollegen Stummvoll und Tamandl mit, dass es jetzt in diesem Hohen Haus drei Menschen gibt, die dafür stehen, dass das Bankgeheimnis etwas Tolles ist, dass man mit den Steuer­abkommen mit Liechtenstein und der Schweiz den richtigen Weg gegangen ist. Die dritte Person, Frau Finanzministerin, das sind Sie.

Aber der Rest Europas steht dagegen, und das müssen Sie einmal zur Kenntnis neh­men. Sie stehen in dieser Frage einfach isoliert da. Das ist die Wahrheit! Kommissar Semeta schreibt heute in einer Aussendung, dass es vermutlich nicht mehr lange dau­ern wird, bis Österreich auch auf den Pfad der Tugend einschwenken wird. Ich glaube, es wird bald so weit sein. (Abg. Mayerhofer: Was heißt das?)

Vom Kollegen Themessl nehme ich mit, dass die Einführung des Euro schuld daran sei, dass Europa heute 26 Millionen Arbeitslose hat. Das ist für Ökonomen schon ein starker Tobak, muss ich sagen. Da hat Kollege Themessl nicht mitbekommen, dass wir in Europa eine schwere Bankenkrise mit einer nachfolgenden Wirtschaftskrise hatten, an der wir immer noch laborieren, und dass das im Wesentlichen die zentralen Ursa­chen dafür sind – neben anderen, auf die ich jetzt nicht eingehen werde.

 


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