Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 98

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Wachstums von fast 4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes haben, also in Summe ei­nen solchen über 12 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Und im Jahr 2015 dreht sich das alles plötzlich: Die zypriotische Wirtschaft soll dann um 1,1 Prozent wachsen, im Jahr darauf um 1,9 Prozent. Gleichzeitig wird aber in diesem Land ein rigoroser Spar­kurs gefahren. So steht es drinnen im „Memorandum of Understanding“, denn dieses „Memorandum of Understanding“ fordert, dass die Finanzhilfefazilität nur dann gewähr­leistet werden dürfe, wenn alle diese Bedingungen erfüllt sind.

Welche Bedingungen sind das? – Das sind Ausgabenkürzungen  (Zwischenbemer­kung von Bundesministerin Dr. Fekter.) – Hören Sie jetzt zu, Sie haben sich dazu ja gar nicht geäußert, da fängt es einmal an! Sie haben etwas verlesen, aber an den wirk­lichen Problemen sind Sie vorbeigegangen, Frau Finanzministerin. (Beifall bei den Grü­nen.)

Es sind Ausgabenkürzungen bei den Pensionen und im Gesundheitsbereich, es sind Lohnkürzungen – immerhin gestaffelt, im Gegensatz zu bisherigen Memoranden, die es gegeben hat –, es sind Personalstandskürzungen, es sind Steuererhöhungen und – das haben Sie auch gesagt – es sind eine Reihe von Strukturreformen. Wenn man schaut, welche Strukturreformen hier besonders zum Tragen kommen, dann sieht man, es sind immer die Strukturreformen auf dem Arbeitsmarkt. In diesem Memoran­dum – ich will das jetzt nicht auf Englisch vorlesen – steht drinnen, dass es gesetzliche Eingriffe in die Lohnbildung geben soll. Im Fall Griechenlands hat es das auch gegeben.

Jetzt geht die Frau Finanzministerin (in Richtung der den Plenarsaal verlassenden Bundesministerin Dr. Fekter), das hört sie vielleicht nicht gerne. Im Falle Griechenlands hat es das auch gegeben, aber da hat sich die ILO in einem Gutachten sehr heftig da­gegen ausgesprochen. Ich hoffe, das tut sie auch im Falle Zyperns.

Des Weiteren steht in diesem „Memorandum of Understanding“, dass jede Änderung der Mindestlöhne an die ökonomischen Bedingungen des Landes anzupassen ist. Was heißt denn das 2013 und 2014, wenn die Wirtschaft in diesen beiden Jahren in Summe um 12,7 Prozent schrumpft? Das bedeutet, dass die Mindestlöhne in diesem Ausmaß schrumpfen sollen. – Hier wird den Armen und Ärmsten tief in die Tasche gegriffen, und dann soll plötzlich im Jahr 2015 und 2016 die Wirtschaft wieder wachsen. Das Ver­trauen der Investoren und der Konsumenten soll steigen – so steht es auch in den Un­terlagen drinnen – durch einen fiskalpolitischen Kurs, der das Land zwingt, sieben Pro­zentpunkte des BIP einzusparen. – Ich kann Ihnen sagen, und aus der Erfahrung Grie­chenlands wissen wir das: Das wird nicht funktionieren!

Obendrein wird noch darauf hingewiesen, dass es beträchtliche Risiken einer Abwärts­entwicklung gibt. Das wird in diesen Unterlagen extra noch einmal betont, wenn es um die Beurteilung der Schuldentragfähigkeit dieses Kurses geht. Auf die Gasvorkommen zu setzen, auf die in diesen Papieren ebenfalls gebaut wird, das ist jedenfalls verfrüht. 2015 werden mit Sicherheit noch keine Erträge aus der Ausbeutung der Gasvorkom­men kommen.

Solange es für dieses Land keine wachstumsfördernden Maßnahmen gibt, so lange wird Zypern auch nicht wieder auf eigene Beine kommen. Man muss sich nur vorstel­len: Man hat dem Land sein Geschäftsmodell genommen, zu Recht, wie ich meine, und auf der anderen Seite verabsäumt man aber, makroökonomisch das zu tun, was geboten wäre! Ganz im Gegenteil: Dort, wo das Land etwas aufbauen könnte, etwa im Bereich der Telekommunikation, der Häfen und dergleichen, werden Privatisierungen vorgeschrieben! – Ich weiß nicht, was dieses Land überhaupt tun soll.

Zusammenfassend: So wird es nicht gehen! Ich hoffe, dass sich die Stimmen der Vernunft, die jetzt andeutungsweise in der zitierten Äußerung Barrosos angeklungen sind, endlich durchsetzen und dass Europa den Austeritätskurs verlässt.

 


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