Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll199. Sitzung / Seite 235

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verpflichtet fühlen, sondern sie hat ihren Ursprung auch irgendwo da unten, was für Sie fremdes, feindliches Kulturland ist. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Fremdsprachen!)

Fremdsprachen: Sollen unsere Kinder noch Fremdsprachen lernen? – Das dürfen sie dann auch nicht mehr. Da müssen wir Englisch abschaffen, Französisch abschaffen, Italienisch abschaffen, Spanisch abschaffen, Slowenisch abschaffen, weil das ja alles fremde Kultur ist. Da dürfen wir dann an unseren Schulen nur mehr Deutsch reden. Dann müssen Sie aber bitte auch gleich den Herrn Ragger und den Herrn Scheuch ausschließen, die beide ihre Kinder in Italien zur Schule schicken. Die Kinder des Herrn Ragger werden dort sogar drei- bis viersprachig unterrichtet, was ich auch für positiv und richtig halte. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Fußball! – Zwischenruf des Abg. Hornek.)

Gerade Sie als junger Mensch sollten sich da vielleicht ein bisschen an Herrn Ragger orientieren. Ich finde es eigentlich schockierend, wenn so ein junger Mann wie Sie, Herr Kollege Venier, derartig ewiggestrige Ansichten vertritt. Das schockiert mich wirk­lich! (Beifall bei BZÖ, SPÖ und ÖVP.)

Denken Sie ein bisschen nach! Wenn wir das nämlich zu Ende denken, müssen wir auch noch den Religionsunterricht abschaffen, denn wenn wir den römisch-katholi­schen Religionsunterricht haben, dann haben wir unter anderem auch den islamischen und den evangelischen, das ist für Sie auch alles ganz, ganz böse und dämonisch. Das müssen Sie dann auch abschaffen, dann bleibt aber von unserer Schule und von unserem Bildungssystem nicht mehr viel übrig. Dann können wir gar nichts mehr un­terrichten – außer Deutsch. (Abg. Krainer: Turnen! Turnvater Jahn!)

Ich bin dafür, dass unsere Jugend open-minded ist, dass sie weltoffen erzogen wird, auch anderen Kulturen gegenüber, weil wir in einem gemeinsamen, vereinten Europa leben, in dem man als junger Mensch umso mehr Chancen hat, einen Arbeitsplatz zu finden, ein geordnetes Einkommen zu haben und ein vernünftiges Leben zu führen, je mehr Fremdsprachen man beherrscht, je weltoffener, je interkultureller man ist. Die Politik, die Sie vertreten, führt in die Arbeitslosigkeit und nach gestern. Das ist eine Politik, die wir sicher nicht unterstützen, meine Damen und Herren. (Beifall bei BZÖ, SPÖ und ÖVP.)

Herr Kollege Venier, Sie wollen den Interkulturalismus an den Schulen abschaffen. Ich glaube, dass Sie damit eigentlich das interkulturelle Lernen meinen; dann müssen Sie sich aber auch einmal damit beschäftigen, was das interkulturelle Lernen in seiner Dis­ziplin genau bedeutet. Das interkulturelle Lernen beinhaltet nämlich fundamental auch jenen Bereich, vor dem Sie sich fürchten. Im interkulturellen Lernen gibt es einen eige­nen Bereich, der sich die Hyperkorrektur beziehungsweise die Kontrakorrektur nennt, bei dem es darum geht, dass man an den Schulen durch Hyperkorrektur beziehungs­weise Kontrakorrektur klarmacht, dass eine Überanpassung an das andere auch falsch ist, dass das als falsches Lernen verstanden wird, Herr Kollege Venier. (Abg. Krainer: Jetzt überforderst du den Kollegen aber langsam intellektuell!) Das ist auch Teil des in­terkulturellen Lernens. Das heißt, Sie sprechen sich gegen etwas aus, das eigentlich in sich selbst Ihre Bedenken und Ihre Kritik durch diese Hyperkorrektur und Kontrakor­rektur, die Teil dieses interkulturellen Lernens ist, schon berücksichtigt hat. (Abg. Groß­ruck:  Schlusswort!) Bevor Sie solche Anträge stellen, informieren Sie sich doch richtig!

Schlusssatz: Dieser Antrag des Kollegen Venier beweist auch – das sage ich gerade an die Adresse der ÖVP –, dass es, glaube ich, sehr gefährlich ist, sich eine Koalition mit der FPÖ zu überlegen, denn in einem Land, in dem solche Anträge zu Gesetzen werden, möchte ich jedenfalls nicht leben. (Beifall beim BZÖ.)

22.29

 


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