Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll200. Sitzung / Seite 61

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Und jetzt kommen Sie her und machen eine Reform. Diese Reform setzt natürlich nicht dort an, wo man ansetzen sollte, was der Rechnungshof seit Jahrzehnten sagt (Ruf: Seit Jahrzehnten?!), bei den Kompetenzen Bund/Länder. Das heißt, die Länder mischen sich in die Gesundheitsversorgung ein, berücksichtigen dabei aber nicht in erster Linie das, was der Konsument, also der Patient, will, sondern sie haben ihre eigenen Interessen zu vertreten. Und das machen sie auch fleißig. Und anstatt dass Sie jetzt endlich einmal den Ländern die Gesundheitsversorgung aus der Hand nehmen und das vom Bund her steuern, was machen Sie? – Sie machen noch zusätz­liche Länderorganisationen, noch zusätzliche Verwaltung oben drauf und nennen das dann Reform.

Da frage ich mich schon, was daran eine Reform sein soll, wenn Sie jetzt zu den ganzen Landesorganisationen, zu den ganzen Landesverwaltungskörpern noch zusätzlich eine oben draufsetzen und das dann Zielsteuerungskommission oder was auch immer nennen (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Nein, nicht „was auch immer“!), wo dann wieder zusätzliche Beamte drinnen sitzen und zusätzliche Kosten entstehen. Da frage ich mich wirklich, was das bringen soll.

Sie wissen ja, was wir machen müssen! Wir brauchen da keine Kommissionen, wir brauchen auch keine Arbeitskreise. Wir müssen nicht darüber nachdenken, was im Gesundheitsbereich schiefläuft, das wissen wir alles. Sie wissen es auch, und zwar seit Jahrzehnten. Der Rechnungshof hat es Ihnen ja gesagt; es gibt ja so (der Redner deutet mit den Händen die Höhe eines Papierstoßes an) einen Pack an Vorschlägen des Rechnungshofes. (Abg. Riepl – mit den Händen einen nicht ganz so hohen Papierstoß andeutend –: Na, so viele sind es auch wieder nicht, nur so viele!) Und was haben Sie davon umgesetzt? – Nichts! Nichts davon haben Sie umgesetzt, Herr Minister!

Und deshalb: Schauen Sie, wir wissen ja alle, woran es krankt. Das Hauptproblem ist nicht, dass wir nicht wissen, woran es krankt, das Hauptproblem ist, dass keiner sich traut, dort anzusetzen, weil dort eben Interessengruppen sind, die sich mit Händen und Füßen wehren, weil es dort Menschen gibt, die an diesem System ganz gut verdienen, weil dort die Länder ihre Interessen haben und Sie letztlich nichts anderes tun, als unter dem Deckmantel einer Reform hier noch einmal eine Verwaltungsebene oben draufzusetzen und das nicht anzugehen, was zu tun wäre.

Was zu tun wäre, ist auch einfach – und das sagt auch der Rechnungshof und das sagen alle, die sich auskennen –: Zusammenlegung der Krankenkassen! Eine einzige Krankenkasse reicht in Österreich. Warum? – Weil wir da einen Dschungel haben, der nicht mehr durchschaubar ist. Je nachdem, welche Krankenkasse ein Arzt hat, und dem entsprechend, wo jemand versichert ist, wird unterschiedlich abgerechnet.

Ich habe da nur ein Beispiel, und zwar wird nach der Wiener Gebietskrankenkasse eine ganz einfache Ordination so abgerechnet – das heißt, ein Mensch kommt zu diesem Arzt, wird angeschaut, es wird eine Diagnose erstellt –: Der Arzt kann bei der Wiener Gebietskrankenkasse 5,09 € abrechnen – 5,09 €. Bei jeder Krankenkasse gibt es unterschiedliche Tarife.

Und da sind wir schon beim nächsten Problem. Was glauben Sie, wie die Diagnose ausfällt, wenn jemand zum Arzt geht und der Arzt 5,09 € abrechnen kann? (Abg. Dr. Belakowitsch-Jenewein: Und wo ist jetzt genau der Witz?) – Jetzt rechnen Sie sich das einmal aus – und alle hier, die Ärzte sind, wissen, was eine Praxis kostet, was die Miete kostet, was die Heizung kostet, was die Arzthelferin kostet, und dann bekommt man für einen Patienten 5,09 €. Jetzt, was glauben Sie, ... (Abg. Riepl: Das ist ja nicht nur einer!) – Ja, es kommt nicht nur einer! Sie sagen es!

 


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