Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll200. Sitzung / Seite 63

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dann muss er das selbst bezahlen. Er bekommt das gar nicht bezahlt! Und das Nächste ist, dass die Kasse ihm vorschreibt, dass er maximal 5 Prozent aller seiner Patienten überhaupt so einen Befund ausstellen darf. Das heißt, wenn jemand, der im sechsten Prozent drinnen liegen würde, kommt, darf er ihm gar keinen Befund ausstellen – und wenn, dann muss er das selber bezahlen. – In so einem System leben wir!

Und dann sagt noch einer zu mir, wir hätten ein gutes Gesundheitssystem. – Das haben wir eben nicht! Wir haben kein gutes Gesundheitssystem, denn das kann nicht gut sein. Es kann nicht gut sein, dass wir auf der einen Seite dort, wo wir stärken sollten, nämlich bei den niedergelassenen Ärzten, mit solchen Mitteln arbeiten, sie dazu zwingen, eine Rein-raus-Medizin zu machen, und sie auch sozusagen verleiten, keinen Befund auszustellen, weil sich das nicht rechnet, und auf der anderen Seite geben wir Millionen für unnötige Operationen aus.

Das ist auch etwas, was der Rechnungshof immer wieder anprangert. Der Rechnungs­hof hat schon vor Jahren gesagt, es gibt Spitäler, wo sich gewisse Operationen eklatant häufen. Das heißt, es gibt tatsächlich Spitäler, die sich darauf fixiert haben, möglichst viele Operationen in einem Bereich zu machen. Es waren früher die Gebärmütter zum Beispiel, es hat früher gebärmütterfreie Spitäler gegeben. (Heiterkeit bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und BZÖ.) Das heißt, jeder Frau, die Probleme in diesem Bereich hatte, wurde das einmal, ohne nachzudenken, ausgebaut. (Zwischen­rufe bei FPÖ, BZÖ und Grünen.) Das ist eine Tatsache, das hat der Rechnungshof angeprangert. Mittlerweile sind wir bei den Hüftgelenken oder bei den Kniegelenken. Genau das ist das Problem, das heißt, es werden Operationen gemacht, ohne dass es überhaupt sinnvoll ist. (Weitere Zwischenrufe bei SPÖ und FPÖ.)

Ich weiß, das schmeckt vielen hier nicht, ich kann das schon verstehen. Viele haben ein Problem damit. Schauen Sie, ich bin ja auch in diesem System groß geworden: Es ist ja alles so gut, und man darf hier nicht reinschauen, wir haben das beste Gesund­heitssystem! – Aber wir haben auch große Probleme. Und deshalb müssen wir endlich einmal die Wahrheit sagen, wir müssen uns trauen, die Wahrheit zu sagen, und die Wahrheit ist, unser Gesundheitssystem ist besser als in manchen anderen Ländern, keine Frage, aber es könnte noch um einiges besser sein. (Heiterkeit bei FPÖ und Grünen.)

Ich weiß, dass Sie das sehr lustig finden, Herr Vilimsky. Ich weiß, Sie amüsieren sich da ganz prächtig. Ich weiß auch, dass es Ihnen viel lieber wäre, wenn wir einfach den Mantel des Schweigens hier drüberlegen würden. Aber das mache ich nicht! Das tue ich deshalb nicht, weil letztlich der Patient das Problem hat, wenn er aufgrund einer falschen Diagnose falsch behandelt wird und dadurch einen gesundheitlichen Schaden erleidet. Und das ist in vielen Fällen so. Es gibt internationale Studien, die sagen, dass es in Österreich über 10 000 Menschen sind, die aufgrund einer falschen Behandlung Probleme haben. 10 000 Menschen, jedes Jahr!

Und genau das ist das Problem. Das heißt, was wir brauchen, ist ein bisschen mehr Ehrlichkeit, wir brauchen einen Minister, der jetzt endlich das tut, was der Rechnungs­hof ihm schon seit Jahren sagt, wir brauchen eine ordentliche Reform, wir brauchen eine Umleitung der finanziellen Mittel von den Spitälern hin zu den niedergelassenen Ärzten, wir brauchen niedergelassene Ärzte, die auch die Möglichkeit haben, ihre Patienten ordentlich zu behandeln, eine ordentliche Diagnose zu erstellen. Das heißt, nicht 5,09 € pro Patient, sondern einen angemessenen Betrag, dass auch eine ordentliche Behandlung und Diagnose erfolgen kann.

Auf der anderen Seite müssen wir darüber nachdenken, ob man wirklich alles und jeden operieren muss, obwohl das nicht angezeigt ist. Das sagt ja der Rechnungshof:


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