Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll202. Sitzung / Seite 74

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Herr Minister Berlakovich, wir werden Ihnen heute aus drei Gründen das Misstrauen aussprechen. Bei der ersten Frage, „Bienen oder Gift?“, haben Sie sich für Gift ent­schieden. Bei der zweiten Frage, „BürgerInnen oder Lobbys?“, haben Sie sich für Lobbys entschieden. Und bei der dritten Frage, „Transparenz oder Geheimnis­krä­merei?“, haben Sie sich für die Geheimniskrämerei entschieden.

Ich meine, es sind alle Punkte skandalös, man könnte sich über jeden minutenlang aufregen, aber für den letzten Punkt gilt: unter ausdrücklichem Rechtsbruch! Unter aus­drücklichem Rechtsbruch, denn Sie hätten die Zahl der Pestizide beauskunften müssen. Sie haben sich auf das Amtsgeheimnis berufen. (Abg. Kopf: So wie Frau Vassilakou in Wien!)

Das Amtsgeheimnis ist schon ein grundsätzliches Problem, aber im besonderen Fall ist die Nichtbeantwortung wegen Amtsgeheimnis geradezu absurd! Das sage nicht ich, sondern das sagt der Justizsprecher der ÖVP, Herr Ikrath! Er hat getwittert: Die Berufung auf das Amtsgeheimnis betreffend Pestizideinsatz ist absurd. – Ich weiß auch, warum er das getwittert hat: Er ist einer der wenigen in der ÖVP, die die Rechts­lage kennen. (Beifall bei den Grünen und des Abg. Grosz.) Er weiß, dass man sich beim Umweltinformationsgesetz nur dann auf das Amtsgeheimnis berufen kann, wenn es um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis geht.

Heute haben Sie die Antwort gegeben. Sie haben gesagt, es sind 10 Tonnen Neo­nicotinoide auf die Felder ausgebracht worden. Ich frage mich: 10 Tonnen Neoni­cotinoide, wo ist da ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis verletzt?

Sie haben unter ausdrücklichem Rechtsbruch die Antwort verweigert! (Zwischen­bemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Berlakovich.) Ich sage Ihnen auch, warum Sie sie verweigert haben. Aus einem relativ einfachen Grund: Sie haben gewusst, wenn Sie diese Frage nicht beantworten, dann werden Sie viel Zeit gewinnen. Denn Sie wissen genau, dass es monatelang dauert, bis Sie letztendlich zur Antwort ge­zwungen werden. Genau diese Zeit wollten Sie gewinnen, weil Sie gewusst oder gehofft haben, dass die Debatte dann weiterzieht. Das ist unzulässig! (Beifall bei den Grünen.)

Daher sage ich Ihnen: Dass Sie heute hier sind, ist durchaus positiv, denn Sie sind ein lebendes Mahnmal dafür, dass das Amtsgeheimnis in dieser Republik abgeschafft werden muss! Das Amtsgeheimnis dient ausschließlich dazu, dass sich Politiker wie Berlakovich verstecken können, und zwar verstecken vor den BürgerInnen.

Das Amtsgeheimnis dient letztendlich dazu – nicht in Ihrem Fall, in Ihrem Fall ist es einfach unverschämt, weil Sie keine Auskunft geben wollten, weil Sie im Dienst von Lobbys waren –, es dient in der Regel ausschließlich dazu, Korruption und Steuer­geldverschwendung zu decken. Das ist nicht meine Privatmeinung, sondern die Meinung der Staatengruppe gegen Korruption im Europarat.

Sie hat klar festgestellt: Das Amtsgeheimnis erschwert es den BürgerInnen und den Medien, Kontrolle über die Verwaltung auszuüben, was zur Verhinderung von Korrup­tion beitragen würde. Sie empfiehlt einen erleichterten Zugang zu Informationen und dort, wo Auskunft verweigert werden kann, präzise Kriterien und Rechtsschutz.

Genau darum geht es. Daher stellen wir heute folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Albert Steinhauser, Peter Pilz, Kolleginnen und Kollegen betreffend Abschaffung des Amtsgeheimnisses

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite