Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 80

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kutiert hat, ob die Sicherheit der eigenen Soldaten noch gewährleistet ist. Deshalb ist das auch ein Beitrag zur Entscheidung, die Soldaten abzuziehen.

Aber die Lage ist noch verworrener. Auch Russland möchte das Assad-Regime belie­fern. Während wir heute diskutieren – Frau Kollegin Korun hat es zuerst gesagt –, ster­ben in Syrien seit eineinhalb Jahren Kinder, Frauen, Menschen, Unschuldige dahin. Ich meine, das ist die Tragik, und keiner weiß einen Ausweg. Keiner weiß, wen er unter­stützen soll. Unterstützt er den Richtigen? Gehen die Lieferungen an die Richtigen? Wer ist jetzt unser Partner bei den Rebellen? Ist das die eingesickerte Al-Qaida? Sind es die Rebellen, die eine Änderung wollen, die mehr Demokratie wollen? Das ist so ei­ne Art Frage.

Tatsache ist aber, dass mit dem Beginn des Bürgerkrieges auch die Christenverfol­gung begonnen hat. Das gibt mir zu denken. Wenn wir wissen, dass vor diesem Kon­flikt Christen, Moslems und Angehörige anderer Religionen friedlich beisammen, ne­beneinander gelebt haben, dann ist das schon bedenklich. Heute ist schon ein paar Mal der Erzbischof von Aleppo, Gregorius, erwähnt worden. Er war auch vor einem Jahr hier in unserem Parlament. Ich habe das bei einer meiner letzten Reden schon er­wähnt. Er war deshalb hier, weil es das Bestreben gibt, an der Universität Salzburg ei­nen aramäischen Lehrstuhl einzurichten, um syrisch-orthodoxe Religion zu unterrich­ten. Da ist besonders Herr Professor Aho Shemunkasho sehr dahinter. Ich glaube, dass es ein Anliegen des gesamten Parlaments sein müsste, das zu unterstützen. Herr Staatssekretär, ich darf auch Sie ersuchen, dieses Anliegen bestmöglich zu unter­stützen.

Meine Damen und Herren, wir können auch ins Detail schauen, wie es wirklich in Sy­rien zugeht, wenn wir heute so allgemein reden. Vor kurzem war bei mir zum Sprech­tag ein ganz verzweifelter Mann mit seiner Gattin, die seit 30 Jahren in Österreich ist. Sie ist Syrerin, aber österreichische Staatsbürgerin. Sie berichtete, dass sie von ihrer Familie dort keine Nachricht hat. Sie weiß nicht, was mit ihrer Familie ist. Ihren Bruder haben Rebellen entführt. Ich darf vielleicht daraus zitieren, was er schreibt. Der Bruder war Olivenölproduzent. Das ist O-Text:

Tausende Liter werden dann gelagert bis zu dem Datum, wo sich das syrische Militär nach Kämpfen zurückzog und Al-Qaida, das freie Militär und andere Rebellen das christliche Dorf und noch zwei weitere christliche Dörfer überfielen. Häuser, welche durch den Krieg leer wurden, wurden mit islamistischen Familien besetzt. In Häuser wurde eingebrochen und alles Mögliche gestohlen. Die Islamisten haben sich inzwi­schen breitgemacht. Von den ursprünglich 350 Familien gibt es nur mehr zehn im Dorf. Meinem Schwager wurden sämtliche Schlüssel abgenommen, so auch sein Traktor. Er musste auf Befehl das ganze gelagerte Olivenöl verkaufen und das gesamte Geld abliefern. Er ist komplett entwurzelt, mit seiner ganzen Kraft am Ende. Den Traktor be­kam er wieder zurück.

Weiters heißt es hier: Er fuhr nach Aleppo zu seiner Familie, doch einen Tag darauf fuhr er wieder mit dem Bus zurück, um seinen Traktor in Sicherheit zu bringen. Doch bei der Rückfahrt Richtung Aleppo wurde er von maskierten Männern namentlich aus dem Bus geholt. Inzwischen ist fast ein Monat vergangen, und man weiß noch nicht, wo er sich befindet. Es gab inzwischen Lösegeldforderung, wie es derzeit dort mit Christen Mode geworden ist. Derzeit haben der Bürgermeister und der Pfarrer auf 15 000 € handeln können – so O-Text –, meine zwei Schwägerinnen konnten inzwi­schen verschleiert einen Teil des Lösegeldes transportieren. Näheres ist leider noch immer nicht bekannt. – Zitatende.

Das hat mir dieser Mann Anfang Mai geschrieben. Das ist die Situation. Das ist wahr­scheinlich eine Situation von vielen, die die Menschen dort betrifft – abgesehen von


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