Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 112

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14.13.25

Abgeordneter Josef A. Riemer (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Das war ja sehr erheiternd, was man hier gehört hat, diese Ver­gleiche, die gezogen werden. Ich sage, die Aussagen des Herrn Staatspräsidenten Mi­loš Zeman sind menschenrechtswidrig, unfassbar, verhöhnen die Opfer und hätten von den verantwortlichen Gesprächspartnern offizieller österreichischer Stellen empört kommentiert werden müssen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Weil es vom Herrn Großruck geheißen hat, wir haben ja so viel getan: Es gibt – ich ha­be zufällig nachgeschaut – aus 2007 von Kurzmann, Neubauer einen Antrag mit der gleichen Thematik. Da hat man das in der Tschechei gemacht. Was ist heute heraus­gekommen? – Sensibel sein, sensibel! – Also, ich schlage vor, wir werden den Herrn Zeman sensibel behandeln. Wir werden ihm zum Beispiel sensibel antworten und ihn fragen, ob er weiß, dass drei Millionen Menschen – das sind nicht nur Afghanen –, das ist bitte ein geschlossenes Siedlungsgebiet, vertrieben worden sind, dass zirka 250 000 Menschen ermordet worden sind, wahrscheinlich in einem Zeitraum von ein­einhalb bis zwei Jahren massakriert, auf Todesmärsche geschickt worden sind. Ist das noch immer nicht genug? 250 000, das ist ungefähr die Einwohnerzahl der Stadt Graz . Wir empören uns zu Recht über Srebrenica. Und bei 250 000 schweigen wir?

Eine österreichische Stelle hätte zum Beispiel sagen sollen: Bitte, Herr Zeman, wissen Sie, dass die Sudetendeutschen nach dem Vertrag von Saint Germain eigentlich Ös­terreicher sind? Wissen Sie eigentlich, dass sich die Sudetendeutschen – das ist ein allgemeines Verständnis – Österreich anschließen wollten und man ihnen das Selbst­bestimmungsrecht damals verweigert hat? – So schaut es aus. Die haben sich nicht an Deutschland anschließen wollen. Das war dann eine spätere Geschichte. – Hat man Ihnen auch gesagt, dass sich die Erste Republik als Schutzmacht für die Sudetendeut­schen verstanden hat? Hat man Ihnen das gesagt? Und hat man Ihnen auch gesagt, dass diese Aussagen noch einmal ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellen und eine Verhöhnung der Opfer sind? (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Ich unterstelle vielen Damen und Herren, dass sie nicht wissen, was in den Beneš-De­kreten drinnen steht. Ich kann Ihnen das aus Zeitmangel nicht genauer darstellen. Ein Punkt ist ja schon erwähnt worden, das ist die Vertreibung. Aber es ist ja nicht nur die Vertreibung. Fairerweise muss man sagen, dass es ja auch die Ungarn betroffen hat, das heißt also Österreicher, Deutsche und Ungarn; der Herr Dr. Hübner hat ja ein­deutig darauf hingewiesen. Und über Enteignungen steht in den Beneš-Dekreten nichts in dieser Form. Die hat man erst nachträglich herangezogen. Das muss man auch ein­mal wissen. Und in den Dekreten steht nichts von einer massenweisen und systema­tischen Abschiebung – statt Vertreibung. Und ein Vertreibungsdekret gibt es bis heute nicht, und auch kein Vertreibungsgesetz. Das sollte man vielleicht auch einmal wissen.

Ich würde gerne näher darauf eingehen. Es ist sicherlich spannend, die Beneš-Dekrete einmal nachzulesen. Man sollte auch darüber reden, ob es da je Gerichtsverfahren ge­geben hat. Das lässt sich nicht feststellen.

Man könnte aber auch den Herrn Ermacora zitieren, einen bekannten, der ÖVP nahe­stehenden Professor, für die UNO tätig – also wirklich ein Mann außerhalb jeglicher Kritik:

„Die Vertreibung der Sudetendeutschen aus der angestammten Heimat von 1945 bis 1947 und die fremdbestimmte Aussiedlung nach dem Zweiten Weltkrieg widersprach nicht nur der in der Atlantik-Charta und dann in der Charta der UN verheißenen Selbst­bestimmung, sondern die Vertreibung der Sudetendeutschen ist Völkermord und Ver­brechen gegen die Menschlichkeit, die nicht verjährbar sind.“

Und da schweigen Sie?! (Beifall bei FPÖ und BZÖ.) Zu Bahrain können wir abstim­men, aber hier, in unserer Nachbarschaft, für die eigenen Leute können wir es nicht?


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