Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll207. Sitzung / Seite 117

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Huber, Kirchgatterer, Mag. Hammer, Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrats über die Unan­greifbarkeit der Beneš-Dekrete

Die nach wie vor rechtskräftigen Beneš-Dekrete sind seit Jahrzehnten der Hauptstreit­punkt zwischen Vertriebenenverbänden in Deutschland und Österreich einerseits und der Tschechoslowakei beziehungsweise deren Nachfolgestaaten Tschechische Repu­blik und Slowakische Republik andererseits. Die Dekrete wurden vom slowakischen Nationalrat mit Entschließung 1487/2007, vom 20. September 2007, für weiterhin gültig erklärt, was besonders von der ungarischen Minderheit in der Slowakei negativ aufge­nommen wurde. Das slowakische Parlament hatte bereits vorher schon die Kollek­tivschuldthese verurteilt. Nunmehr hat sich auch das Europäische Parlament mit dieser Entschließung des slowakischen Nationalrates zu beschäftigen, da eine entsprechende Petition zu deren Aufhebung eingebracht und für zulässig erklärt wurde:

Mit der Petition 0070/2012, eingereicht von Imre Juhasz, ungarischer Staatsangehörig­keit, zur Aufhebung der Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrats über die Unangreifbarkeit der Beneš-Dekrete, wird auf die Entschließung 1487/2007 des slowakischen Nationalrats, in der festgelegt wird, dass die zwischen 1944 und 1948 erlassenen Beneš-Dekrete unangreifbar und unbestreitbar sind, verwiesen. Der Petent weist darauf hin, dass die damit verbundene Ungleichbehandlung der ungarischen und deutschen Minderheit in der Slowakei einen eklatanten Verstoß gegen Artikel 2 und Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union sowie gegen die Europäische Men­schenrechtskonvention und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union dar­stellt, und ersucht daher das Europäische Parlament, dahingehend einzugreifen, dass die oben genannte Entschließung aufgehoben wird, und fordert es auf, sofern die Slo­wakei ihre menschenrechtsverletzende Politik fortsetzt, deren Mitgliedschaft in der EU zu suspendieren.

Die genannte Petition wurde am 22. Mai 2012 für zulässig erklärt und die Kommission wurde um Auskünfte gebeten. In der Antwort der Kommission, eingegangen am 30. August 2012, wird darauf hingewiesen, dass die Europäische Kommission, nach Maßgabe des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages über die Ar­beitsweise der Europäischen Union, über keine allgemeine Befugnis verfügt, tätig zu werden. Sie kann nur eingreifen, wenn es um Fragen des Unionsrechts geht. Was die mögliche Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anbelangt, gilt gemäß ihrem Artikel 51 Absatz 1 die Charta für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union.

Auf der Grundlage der übermittelten Informationen scheint die geschilderte Angelegen­heit nicht mit der Durchführung des Rechts der Union zusammenzuhängen. Die Beneš-Dekrete stellen frühere, von den Behörden der ehemaligen Tschechoslowakei vor dem Beitritt zur Europäischen Union ergriffene Maßnahmen dar, die heutzutage keine gül­tige Rechtswirkung mehr haben, die gegen das Unionsrecht verstoßen würde. Im vor­liegenden Fall ist es Sache des betreffenden Mitgliedstaates, dafür Sorge zu tragen, dass er seinen Verpflichtungen bezüglich der Grundrechte, die sich aus internationalen Übereinkünften und seinen innerstaatlichen Rechtsvorschriften ergeben, nachkommt.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite