Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll209. Sitzung / Seite 61

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Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Volksanwaltschaft sind durch die zusätzlichen Aufgaben, die wir neben der nachprüfenden Kontrolle übertragen bekommen haben, sehr belastet, aber das Zusammenspiel zwischen klassischer nachprüfender Kontrolle und den neuen Aufgaben ist sehr gut. Meine Einschätzung beziehungsweise meine Überzeugung nach dem fast vollendeten ersten Jahr dieser Arbeit ist, dass die Ent­scheidung, die Volksanwaltschaft zum nationalen Präventionsmechanismus zu erklä­ren, die richtige war, weil sich in der Volksanwaltschaft Wissen, Kompetenz und die Möglichkeit zu agieren optimal treffen.

Was die Volksanwaltschaft in Österreich durchsetzen will, ist das Recht auf gute Ver­wal­tung, und das bedeutet vor allem Nachvollziehbarkeit von behördlichen Entschei­dungen. Ein Gradmesser dafür ist, wie verständlich und wie durchschaubar behörd­liche Entscheidungen sind und wie transparent das Vorgehen von Behörden ist.

Ich spreche ja heute vor dem Hohen Haus, also vor Ihnen, dem Gesetzgeber, der Gesetzgeberin; daher möchte ich festhalten: Die Nachvollziehbarkeit von Ent­schei­dungen von Verwaltungsbehörden ist sehr maßgeblich davon abhängig, wie Gesetze formuliert sind. Die Komplexität von Gesetzen hat in den letzten Jahren – das wissen Sie viel besser als ich, denn Sie sind Gesetzgeber, Gesetzgeberin – enorm zuge­nommen, und die Belastung durch die Komplexität von Gesetzen, der die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung ausgesetzt sind, ist enorm gewachsen.

Auch die Tatsache, dass man jetzt Zugang zu modernen Medien hat und im Internet und überall sonst nachschauen kann, ändert nichts daran, dass diese Herausforderung der Komplexität alle trifft. Wenn schon die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung oftmals einen Moloch vor sich sehen und sich überlegen müssen, wie sie damit umgehen sollen, dann müssen Sie sich einmal vorstellen, was das für die Normunterworfenen, also für die Menschen, die von diesen Gesetzen betroffen sind, bedeutet! Die sind all dem manchmal wirklich völlig hilflos ausgeliefert.

Diese Leute kommen dann zu uns und berichten uns. Deshalb ist die Volks­anwalt­schaft und das, was sie diesbezüglich an Erkenntnissen gewinnt, einerseits so etwas wie ein Seismograph für das, was an möglichen Fehlern und Fehlleistungen in der Verwaltung passiert, aber auf der anderen Seite auch eine geeignete Stelle für die Evaluierung von Gesetzen, die im Nationalrat und in den Landtagen beschlossen werden.

Ich weiß, dass man sich in Österreich nicht beliebt macht, wenn man das sagt, aber ich habe jetzt nach sechs Jahren die Erfahrung gemacht, dass zu viel Föderalismus nie gut für die Menschen ist. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es braucht ganz genau das richtige Maß an Föderalismus! Föderalismus ist ja eigentlich von der Idee her dafür gedacht, die Nähe zu den Menschen, zu den Bür­gerinnen und Bürgern herzustellen. Diese Nähe bedarf jedoch auch einer bestimmten Qualität.

Ich kann Ihnen sagen: Die Menschen, die zu uns kommen, haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass die Tatsache, dass die Lafnitz den Grenzfluss zwischen Burgenland und Steiermark bildet, auch gleichzeitig bedeutet, dass auf der einen Seite der Lafnitz in vielen ganz lebensnahen Bereichen Gesetze ganz anders lauten als auf der anderen Seite.

Ich rede nicht von so dramatischen Dingen wie dem Pflegeregress, den es in einem Bundesland gibt und im nächsten nicht. Es sind nicht nur Themen, bei denen es ums Geld geht, sondern auch andere Bereiche – Stichwort Jugendschutz oder die Frage des Zugangs zu Kinderbetreuung –, die völliges Unverständnis hervorrufen. Der Arbeitsplatz liegt ja nicht immer im eigenen Bundesland, sondern eben über der Lafnitz


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