Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll209. Sitzung / Seite 123

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Die Alternative ist beschrieben worden – das kann man sich relativ schön ausrechnen. Ich glaube, Kollege Spindelegger hat ja Stronach den ORF noch nicht zum Kauf angeboten, nur die ÖBB, aber vielleicht kommt er noch darauf, dass man auch den ORF verkaufen könnte, womit dann natürlich ganz gewisse Interessen hineinkämen. Und wenn man das, was in Italien passiert ist, nicht haben möchte, nämlich dass ein Berlusconi über Jahre hinweg die Medienberichterstattung prägt, dann wird man sich zu einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Österreich bekennen müssen.

Da gehört aber anderes auch noch dazu, unter anderem auch die Bereitschaft der Politik, auf indirekte, halb direkte Einflussnahmen zu verzichten. Ich habe es bei unseren wunderbaren Debatten über eine Strukturreform blendend gefunden, dass die Grünen die Einzigen waren, die gesagt haben: Kein Problem, es muss keine Parteien­vertreter im Stiftungsrat, in den Gremien des ORF geben! Wir verzichten auf die Grünen und verzichten auch auf die anderen drinnen, weil andernfalls parteipolitische Einflussnahme logischerweise erfolgt, evident ist.

Das haben die Regierungsparteien abgelehnt, auch die FPÖ hat es abgelehnt, die wollten nach wie vor ihre Vertreter im ORF sitzen haben.

Und was geschieht in diesen Strukturfragen natürlich? – Die Junktimierung von Finan­zierungsfragen. Ob das jetzt Gebührenrefundierung heißt oder nicht, ist eigentlich relativ egal, es geht um das Gesamtkapitel, das da drinsteht. Letztlich geht es darum: Geld gegen gewisse Formen von Berichterstattung, die man sich vorstellt.

Wenn man das Loblied auf den ORF singt, Josef Cap, dann muss man schon die Frage stellen, wie das eigentlich mit der Medienpolitik der SPÖ ist. Unlängst war der Bundeskanzler im „Report“ zu Gast. Und als der Bundeskanzler im „Report“ zu Gast war, hat Armin Wolf getwittert und hat gesagt: Interessant, seit Monaten lehnt er jede Einladung in die „ZIB 2“ ab und kommt einfach nicht.

Also wenn man das Loblied auf die Arbeit der Journalisten singt und eine Regie­rungspartei ist, die das ernst nimmt, dann wird man wohl auch sagen müssen, dass ein Bundeskanzler Einladungen in die renommierteste Nachrichtensendung des ORF, die „Zeit im Bild 2“, wo es im Übrigen auch kritische Interviews gibt und die Form von Interviews gibt, nicht dauernd ablehnen sollte.

Wenn die Frage TV-Konfrontationen auftaucht und auf einmal ein Schulterschluss zwischen Faymann und Spindelegger erfolgt, die beide auf einmal wissen, sie wollen alles, nur nicht Elefantenrunden – zuerst wollten sie keine Zweier-Konfrontationen, da hat sich der ORF Gott sei Dank durchgesetzt, jetzt wollen sie keine sogenannten Elefantenrunden, keine Spitzenkandidatenrunden, denn dort hat man zu wenig Redezeit; dieses Argument hat übrigens zuerst Stronach gebracht, dann haben es Faymann und Spindelegger offenbar übernommen –, dann stellt man sich schon die Frage, welches Medienbild dahintersteht. Denn gleichzeitig jeden Tag aus der Parteizentrale in der Nachrichtenredaktion anzurufen und die vorbereiteten Beiträge reinspielen zu wollen, das geht sich gar nicht aus!

Also die Berichterstattung, die man selbst beeinflussen kann, die möchte man offenbar – am liebsten so wie in den fünfziger Jahren: Beitrag fertig machen, Band an den ORF schicken, ORF spielt Band ab, und dann hat man die Berichterstattung, die man haben möchte. Diese Zeit ist echt vorbei!

Warum man sich davor fürchten muss, zu Armin Wolf zu gehen, verstehe ich nicht. Da hast du wieder völlig recht, er fasst ohnehin alle gleich kritisch an, da kommt ja keiner so einfach weg. Aber Faymann muss sich aufgrund seines Verhaltens schon an der Nase nehmen: Zum U-Ausschuss ist er nicht eingeladen worden, deshalb nicht gekommen. Vom ORF ist er eingeladen worden, aber zum ORF kommt er auch nicht.


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite