Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll213. Sitzung / Seite 32

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den Elternteilen hat. Da ist es eben auch ganz wichtig, dass in dieser Phase beide Elternteile Verantwortung übernehmen. Beide Elternteile sollen Rechte und Pflichten für das Kind wahrnehmen, denn Verantwortung übernehmen heißt natürlich Rechte und Pflichten wahrnehmen. Und beide Elternteile haben Interesse daran, sich kon­struktiv in dieser Phase einzubringen, weil ihr Verhalten in dieser Phase auch in die endgültige Entscheidung betreffend die Obsorge einfließen wird.

Der zweite Punkt, den ich ansprechen möchte, ist die gemeinsame Obsorge als Regelfall. Ich habe schon erwähnt: Ich bin überzeugt davon, dass es für das Kind am besten ist, wenn Mutter und Vater für das Kind da sind. Und deshalb bin ich überzeugt davon, dass in der Regel die gemeinsame Obsorge für das Kind am besten ist. Des­wegen haben wir Regelungen geschaffen, durch die die gemeinsame Obsorge zum Regelfall wird, weil nunmehr im Gegensatz zu früher auch bei streitigen Schei­dungen das Gericht die Möglichkeit hat, die Eltern mit der gemeinsamen Obsorge zu betrauen. Früher gab es ja im Falle einer streitigen Scheidung nur die Möglichkeit, entweder Mutter oder Vater mit der Obsorge zu betrauen. Nunmehr gibt es eben auch die Möglichkeit, beide Elternteile mit der gemeinsamen Obsorge zu betrauen, und das wird auch zum Regelfall werden.

Das ergibt sich auch bereits aus der Literatur zum Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013, wo davon gesprochen wird, dass mangels anderer Anhalts­punkte im Zweifel vom Gericht die gemeinsame Obsorge, nicht die alleinige Obsorge eines Elternteiles anzuordnen ist. – Dieser Literatur stimme ich natürlich vollinhaltlich zu.

Der dritte Punkt, den ich aus dem Familienrechtspaket ansprechen möchte, betrifft das uneingeschränkte Antragsrecht der ledigen Väter. Erinnern Sie sich, dass wir vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vom Verfassungsgericht verurteilt worden sind, weil es bei ledigen Kindern die Mutter verhindern konnte, dass der Vater einen Antrag auf Obsorge stellt. Nunmehr wurde dieses Vetorecht der Mutter beseitigt, der Vater kann auch gegen den Willen der Mutter einen Antrag auf Obsorge stellen. Und es liegt dann am Familienrichter, an der Familienrichterin, zu entscheiden, was dem Kindeswohl in einem solchen Fall am besten entspricht. Entspricht die gemein­same Obsorge oder die alleinige Obsorge eines der beiden Elternteile dem Kindeswohl am besten? – Das ist allein vom unabhängigen Richter, von der unabhängigen Richterin zu entscheiden. Diese Entscheidung wird natürlich auch durch die bereits angesprochenen begleitenden Maßnahmen, wie die Familiengerichtshilfe oder den Besuchsmittler erleichtert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Sie sehen also, es wurden sehr vielfältige Schritte unternommen, um das Kindschaftsrecht und ganz besonders das Kontaktrecht und auch das Kindeswohl noch weiter zu stärken. Diese Maßnahmen werden aber natürlich nicht von heute auf morgen alle Probleme in diesem Bereich lösen können, auch das ist völlig klar, aber diese Maßnahmen werden ganz wesentlich zur Verbes­serung der Situation aller Beteiligten beitragen. Das zeigen auch schon die Rückmel­dungen aus der Praxis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Kindeswohl erfordert aber nicht nur Vater und Mutter, die sich um das Kind persönlich kümmern, sondern es müssen natürlich auch die materiellen Bedürfnisse des Kindes gesichert sein. Und damit bin ich beim Thema Kindesunterhalt. Unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls muss es das primäre Anliegen sein, Kinder aus gescheiterten Beziehungen gegenüber Kindern aus funktionierenden Beziehungen nicht zu benachteiligen. Faktisch wird sich das vielfach nicht vermeiden lassen, weil eine Trennung auch das Auseinanderfallen der – unter Anführungszeichen – „Wirtschaftsgemeinschaft Familie“ bedeutet, was auch mit Ver­lusten in diesem Bereich verbunden ist.

 


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