Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll215. Sitzung / Seite 203

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auch den Stimmen jener Gehör zu verschaffen, um die es in diesem Gesetz auch geht. Deshalb aus den Erläuterungen von einem betroffenen Bürger – Zitat –:

Ich bin 1990, also vor 23 Jahren, aus Brasilien nach Österreich gekommen. Hier habe ich gleich am Anfang einen Deutschkurs besucht. Dann folgten Prüfungen in Deutsch und Literatur, Geschichte und Geographie, um die österreichische Matura zu erlangen. Am Konservatorium der Stadt Wien habe ich Operngesang studiert und für mehrere Jahre hatte ich ein fixes Engagement am Wiener Burgtheater, das heißt, ich hatte dort ein richtiges Anstellungsverhältnis.

Trotz all der 23 Jahre Aufenthaltszeit in Österreich mit der Matura und dem Studienab­schluss und all der Jahre, in denen ich als Angestellter gearbeitet habe, darf ich nicht Österreicher werden, weil ich in den letzten drei Jahren kein für die Regierung gesi­chertes Einkommen gehabt habe.

Weiterhin werden viele Menschen, die schon sehr lange in Österreich leben wie ich, dis­kriminiert, weil sie an der erneut eingeführten Einkommenshürde scheitern. Das heißt, nicht die Integration entscheidet über die Einbürgerung, wie es sein sollte, sondern das Geld. – Zitatende.

Dieser Herr war übrigens – das für diejenigen, die sich den „Report“-Beitrag im ORF vor zwei Tagen angeschaut haben – dort live zu erleben. Das können Sie sich noch im­mer im Internet anschauen.

Dieser Mann hat auch nach der heutigen Gesetzesänderung keine Chance, die Staats­bürgerschaft zu erlangen, weil er nämlich als Künstler seit Jahren keine Anstellung findet, und das Einkommen, das er erzielen kann  er arbeitet sehr wohl , ist leider unter jenem Niveau, das SPÖ und ÖVP als ausreichendes Einkommen betrachten.

Dieser Mann lebt aber seit 23 Jahren hier, hat ein unbefristetes Visum, darf bis zu sei­nem Lebensende weiter hier leben und darf auch bis an sein Lebensende Sozialleis­tungen beziehen, gleiche Rechte werden ihm allerdings verweigert. Mitbestimmen, ös­terreichischer Staatsbürger werden darf er nicht.

Und ich sage ganz klar dazu, Integration, Inklusion und Zusammenwachsen schauen ganz anders aus. (Beifall bei den Grünen.)

Und im Großen und Ganzen wird es bei diesem Satz „nicht Integration entscheidet über die Einbürgerung, sondern das Geld“ bleiben, obwohl es da eine kleine Änderung gibt, die von den Kollegen der Regierungsfraktionen sicher groß gelobt wird. Aber da sich die Einkommensgrenzen nicht ändern, gleich hoch bleiben, werden Menschen, die nach diesen Vorstellungen zu wenig verdienen, auf Dauer, eigentlich bis an ihr Lebens­ende von der Einbürgerung ausgeschlossen sein.

Natürlich kann man als Bedingung für die Einbürgerung verlangen, dass erwachsene Menschen, die arbeitsfähig sind, einer Arbeit nachgehen. Das ist in den allermeisten Ländern auch so. Nur geht es eben genau um Menschen, die einer Arbeit nachgehen, deren Einkommen aber nach dem Gesetz nicht ausreicht und die deshalb zwar bis an ihr Lebensende hier leben dürfen, aber nicht die gleichen Rechte haben.

Zu dieser Gruppe würden übrigens 70 Prozent der österreichischen Arbeiterinnen, also der weiblichen Arbeiterinnen gehören. Bis zu 70 Prozent der Arbeiterinnen verdienen nämlich nicht so viel, wie im Gesetz für die Einbürgerung vorgesehen ist.

Nächste Baustelle: Ein einziger Tag Lücke im Visum genügt, um das gesamte Vorle­ben, um alle Jahre, die man in Österreich ganz legal gelebt hat, zu löschen. Dann fängt nämlich die zehnjährige Wartefrist von Neuem an.

Und ich hatte die Ehre, ein paar solcher Betroffener kennenzulernen, Menschen, die seit zwölf Jahren, 14 Jahren, 15 Jahren legal hier leben. Viele von ihnen hatten das


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