Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll215. Sitzung / Seite 207

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Sie wollen das jetzt angehen und haben durchaus vernünftige Projekte gemacht, zum Beispiel das Projekt mit den Integrationsbotschaftern „Zusammen: Österreich“. Es sind dies sehr gute Projekte, die ich voll unterstützen möchte. Andererseits lassen die Erfol­ge noch auf sich warten. Man weiß, dass Integration ein Prozess ist, der über Jahre beziehungsweise vielleicht sogar Jahrzehnte gehen muss und gehen wird, aber diese Erdogan-Demo war doch abschreckend, denn das hat mit Österreich-Identifikation, die für mich ein Grundmerkmal für eine Staatsbürgerschaft sein muss, überhaupt nichts zu tun. Es ist doch irgendwie bemerkenswert und zeigt, dass Integration noch immer nicht voll funktioniert, wenn dort Demonstranten, die österreichische Staatsbürger sind, sa­gen: Mit dem Kopf und mit dem Geist bin ich eigentlich Türke und gar nicht Österrei­cher!

Warum sage ich das in einer Debatte über die Staatsbürgerschaft? – Ich habe es bei aller Wertschätzung Ihrer Tätigkeit in diesem Bereich im Ausschuss schon gesagt: Die Staatsbürgerschaftsverleihung ist für mich kein Integrationsmotiv. Herr Kollege von der ÖVP, ich glaube nicht, dass die Staatsbürgerschaftsverleihung – ob sie jetzt früher oder später stattfindet – ein Motiv für Integration ist. Ich glaube das nicht. Wenn jemand hier­her kommt und – unterstellen wir das einmal – tatsächlich integrationswillig ist, dann ist es nicht sein erstes Anliegen, Staatsbürger zu werden. Sein erstes Anliegen ist es, ver­festigten Aufenthalt zu bekommen, Arbeit zu bekommen, sich und gegebenenfalls sei­ne Familie ernähren zu können, die deutsche Sprache zu lernen und sich bestmöglich integrieren zu können. Und ich glaube, erst ganz am Ende der Kette steht der Wunsch nach dem Erwerb einer Staatsbürgerschaft oder einer verfrühten Staatsbürgerschaft.

Ich gehe in diesem Punkt mit der Kollegin von der SPÖ konform. Ich glaube auch nicht, dass es einen Run auf diese verfrühte Staatsbürgerschaft geben wird. Und wenn wir das feststellen, dann stellt sich schon wieder die Frage: Welchen Sinn macht das ei­gentlich? Warum müssen jetzt ein paar Kriterien geschaffen werden, nach welchen eine verfrühte Staatsbürgerschaft ermöglicht wird, die gar nicht so sehr gewünscht wird?

Ich bin froh darüber – ich habe das auch im Ausschuss gesagt –, dass die allgemeinen Voraussetzungen, die relativ scharf sind und die zum Teil noch aus einer Zeit stam­men, als wir Regierungsverantwortung getragen haben, weiterhin aufrecht sind. Also: Unbescholtenheit, gesicherter Lebensunterhalt, Deutschkenntnisse und auch zwei Punkte, die nicht unwichtig sind, nämlich eine bejahende Einstellung zur Republik Ös­terreich und kein Naheverhältnis zu extremistischen Gruppen. Das sind für mich zwei ganz wichtige Punkte, die im einen oder anderen Fall – siehe Demonstration – sehr wohl in Betracht zu ziehen sind.

Also: Staatsbürgerschaft ist sicherlich kein Integrationsmotiv. Es wird den großen Run nicht geben. Daher: So what? Wozu brauchen wir eine solche Verkürzung?

Ich hätte es umgekehrt gemacht, Herr Staatssekretär. Ich hätte gesagt: Wenn be­stimmte Voraussetzungen – bessere Deutschkenntnisse, Bestreitung des eigenen Le­bensunterhaltes in Österreich – erfüllt sind, bekommt jemand eine Staatsbürgerschaft auf Probe. Ich sehe nämlich, im Gegensatz zu Ihnen, die bisherige Anwartschaft nicht bereits als Probe, weil ich meine, dass man auf Probe nur etwas haben kann, was man schon hat und nicht etwas, was man nicht hat. – Ich hätte also diese Regelungen ein­geführt: Nach sechs Jahren wird eine Staatsbürgerschaft auf Probe für vier Jahre ver­liehen, und in diesen vier Jahren muss sich der neue Staatsbürger bewähren. Und wenn er sich bewährt und nichts passiert, dann hat er nach zehn Jahren – so wie das jetzt der Fall ist – auch das Recht auf eine dauerhafte Staatsbürgerschaft.

Allerdings hätte ich in Anbetracht der Demonstrationen und so mancher Geisteshal­tung, die da herrscht, noch ein Element eingeführt, nämlich die Möglichkeit zur Aber­kennung einer Staatsbürgerschaft für zugewanderte Menschen. – Ich glaube, dass es


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