Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll216. Sitzung / Seite 165

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anfragen. (Abg. Dr. Wittmann: Falsche Rede!) Damit ist die Bundesregierung offenbar zufrieden.

Das ist insoweit nett, als ja der amerikanische Präsident schon selbst gesagt hat, es gebe für Amerika überhaupt nichts zu bedecken, zu entschuldigen, aufzudecken, was sie gemacht haben – Heinz-Christian hat es schon gesagt –, sei „Spionage unter Freunden“. Das scheint in Amerika so üblich zu sein – aber natürlich nur in eine Richtung! Es ist nicht so, dass die Amerikaner das als einen Akt der Freundschaft sehen, wenn man bei ihnen spioniert.

Ich darf nur an die Affäre Jonathan Pollard erinnern, die schon 15 Jahre zurückliegt. Pollard war ein Spion des besten Freundes der Amerikaner, er war ein Israeli, der im amerikanischen Außenministerium und im Senat gesessen ist und direkt Informationen nach Israel gebracht hat. Es gibt einen guten Austausch, sie sind gute Freunde, trotzdem hat Jonathan Pollard das hinter dem Rücken der Amerikaner gemacht.

Diese „Spionage unter Freunden“ hat dazu geführt, dass Jonathan Pollard in Amerika zu 99 Jahren Haft mit frühester Begnadigungsmöglichkeit nach, wie ich glaube, 79 Jahren verurteilt worden ist. Unter „Freunden“! (Abg. Dr. Wittmann: Schwache Rede!)

Pollard ist dann nach ein paar Jahren freigekommen, weil die Beziehungen mit Israel sehr eng sind, weil das wirklich gute Freunde sind, aber das ist in Amerika nicht immer dasselbe. (Abg. Riepl: Was wollen Sie eigentlich sagen? – Abg. Dr. Wittmann: Schwache Rede, sehr schwache Rede!)

Aber was passiert bei uns? Haben Sie von irgendeinem europäischen Staat gehört, dass er Strafverfolgung gegen die Verantwortlichen verlangt? Haben Sie von irgendjemandem gehört, dass die Staatsanwaltschaft und die Verfolgungsbehörden Schritte eingeleitet haben gegen unbekannte Täter? Solch ein Spionagewerk funktioniert nicht nur von jenseits des Ozeans aus, dafür müssen Dutzende, Hunderte Mitarbeiter in Europa sitzen und mitmachen. Das kann man nicht von der Ferne über den Satelliten steuern. Haben Sie irgendetwas gehört? – Ich habe in keinem einzigen Staat etwas gehört, in Österreich schon überhaupt nicht.

Das kommt mir fast so vor, wenn ich jetzt in die Reihen der ÖVP schaue und die Zufriedenheit in den Gesichtern sehe, wie nach den Karlsbader Beschlüssen von 1819; ich weiß nicht, ob Sie sich noch erinnern können. Das waren die Demagogen-Gesetze, das war der Beginn des Biedermeier.

Metternich hat damals den Deutschen Bund nach Karlsbad eingeladen, und man hat gegen die Volksverhetzer, wie sie damals geheißen haben – heute sind das die Terroristen, die Volksverhetzer –, Gesetze erlassen, die unter anderem eine vollständige und lückenlose Überwachung des Briefverkehrs vorgesehen haben. Jedes Briefstück musste gelesen, registriert und in seinem wesentlichen Inhalt zusammen­gefasst werden, und es musste auch nach, wie man heute sagen würde, Codewords untersucht werden. Man hat einige Worte angeführt, und wenn man eines davon verwendet hat, dann ist man registriert und vorgeladen worden. (Abg. Klikovits: Wirklich schade, dass Sie das nicht ernst nehmen! – Abg. Dr. Wittmann: Eine Kaffeehausplauderei!)

Damals hat der Bürger – so à la ÖVP – reagiert, er hat das Biedermeier begonnen und gesagt: Na ja, ich bin ja kein Volksverhetzer, mir macht es ja nichts, bei mir kann man alles lesen, aber die anderen, die sich dagegen wehren – so wie Herr Snowden heute oder Herr Assange –, haben halt Pech gehabt. Warum machen sie denn das? Man hätte ja auch ruhig sein können, man hätte nach Hawaii auf Urlaub fahren und mit der Freundin baden gehen können. – So weit sind wir heute.

 


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