Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll216. Sitzung / Seite 171

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15.51.48

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Werte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Ich glaube, wir alle sind sehr stolz auf eine Errungenschaft, die es seit 60 Jahren gibt und die sich Menschenrechtskonvention nennt, auf Grundrechte, Freiheitsrechte, BürgerInnenrechte. Das ist etwas, auf das man als europäische und österreichische Bürgerinnen und Bürger zu Recht stolz sein kann. Diese Rechte sind für mich die Basis von Demokratie und Freiheit in Europa.

Das, was passiert ist und bereits bekannt geworden ist, übersteigt meine persönliche Vorstellungskraft bei Weitem. Es war, glaube ich, bekannt, dass die US-Geheimdienste exzessiv Daten sammeln, aber dass große IT-Konzerne wie Microsoft, Apple, Yahoo, Facebook solche Daten in einer unglaublichen Menge zur Verfügung stellen, ist erschreckend. Man kann sich bei keinem privaten Foto, bei keinem privaten E-Mail, bei keinem Geschäfts- und Betriebsgeheimnis, das über Internet kommuniziert wird, bei keinem Chat sicher sein, dass einem niemand über die Schulter blickt, das abspeichert und ausspioniert.

Mich hat dieses Ausmaß extrem erschüttert. Das geht an die Grundfesten unserer demokratischen Rechte in Europa. George Orwell hätte sich das damals, als er den Roman geschrieben hat, „1984“, sicher nicht vorstellen können.

Umso bemerkenswerter war jetzt für mich die Tonalität und die fehlende Emotionalität Ihrer Rede, Herr Bundeskanzler. Das war ungefähr so, als hätte man die Weinstatistik des letzten Jahres als Nichtalkoholiker vorgelesen, sage ich jetzt etwas unhöflich. Hier in dieser Frage keine Emotionalität zu verspüren, verstehe ich nicht. (Beifall bei Grünen, FPÖ und BZÖ.)

Ich möchte wissen: Geht Ihnen das, was da passiert ist, nicht unglaublich auf die Nerven?

Es geht um die Rechte von Bürgerinnen und Bürgern. Es geht um das Grundrecht auf Privat- und Familienleben. Das ist uns Grünen sehr, sehr wichtig, schon seit es uns gibt (Abg. Amon: Das merkt man bei Herrn Pilz immer!), und mir persönlich ist es auch sehr, sehr wichtig. Ich glaube, es gibt hier sehr viele Menschen, denen das persönlich sehr wichtig ist: Recht auf Privat- und Familienleben.

Es geht um die Rechte von Unternehmen, von kleinen Unternehmen, die von großen ausspioniert werden können, um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, und es geht auch um die Rechte der Politik.

Präsident Schulz hat das sehr exakt und gut ausgedrückt: Im Europaparlament werden keine Terroranschläge geplant.

Ich hätte mir von der österreichischen Bundesregierung da eine sehr viel schärfere Vorgangsweise und auch einen schärferen Ton in der Sache erwartet. (Beifall bei Grünen und FPÖ sowie des Abg. Markowitz.)

Mehrere Tausend Berichte wurden mittlerweile vom Geheimdienst auf Basis dieser Datenauswertung erstellt. Ich frage mich: Was geschieht in den USA mit all diesen Daten und mit all diesen Berichten? Für welche Strategien, für welche Politik wird das verwendet? Was geschieht damit eigentlich?

Mich hätte auch das Ergebnis des Gesprächs mit dem amerikanischen Botschafter sehr interessiert. Was sind denn jetzt wirklich die Konsequenzen? – Ich habe jetzt gehört, dass ein Fragenkatalog übermittelt und ausgearbeitet wurde. Man fordert Aufklä­rung – aber man muss auch Konsequenzen fordern. Dieser Grundrechtsverstoß, der da am laufenden Band stattfindet, muss abgestellt werden! Systematische Be-


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