Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll216. Sitzung / Seite 290

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Frau Justizministerin, Sie haben dann nachgelegt und gesagt: Im Strafvollzug, ganz besonders im Jugendstrafvollzug, ist alles in Ordnung. Das ist ein Einzelfall. Und das hätte Ihnen sogar die Volksanwaltschaft bestätigt. – Das hat für Empörung interes­santerweise gerade bei der ÖVP-Volksanwältin Brinek gesorgt. Die hat Ihnen aus­gerichtet zum Jugendstrafvollzug:

„Die enge Personaldecke, die Belagssituation, unzumutbare Einschlusszeiten und mangelnde Beschäftigungsmöglichkeiten – all diese Punkte haben wir beanstandet.“

Ihre Aussage, alles sei in Ordnung und die Volksanwaltschaft hätte Ihnen das bestätigt, ist sofort widerlegt worden.

Dritter Punkt: Sie haben gesagt: Ich komme viel herum, ich bin gut informiert, was im Strafvollzug passiert, und meine MitarbeiterInnen berichten mir.

In der „ZiB 2“ bei Armin Wolf haben Sie, Frau Justizministerin, zugeben müssen, dass Sie von diesem tragischen Vergewaltigungsfall aus der Zeitung, nämlich aus dem „FALTER“, erfahren haben. Eine gut informierte Justizministerin müsste davon im Vorfeld wissen.

Panne vier: Sie werden zur Entschädigung befragt. – Es ist mir schon klar, dass eine Entschädigungsfrage immer heikel ist. Sie sind an Gesetze gebunden. Das ist aber nicht der Punkt! Sie haben in einer untragbaren Art flapsig geantwortet, Sie haben gesagt: Ich kann nicht einfach mit dem Geld um mich werfen! – Im Casino wirft man mit dem Geld um sich, aber nicht in der Frage, ob ein Jugendlicher, der im Gefängnis vergewaltigt worden ist, möglicherweise einen Entschädigungsanspruch hat. (Beifall bei den Grünen.)

Panne fünf: Sie wollen sich retten und denken sich, jetzt müssen wir zeigen, was das für einer ist, und sagen, dieser Jugendliche ist ja nicht harmlos, sondern der sitzt in Unter­suchungshaft, weil er ein schwerer Straftäter ist.

Halten wir fest: Eine Justizministerin, die in der „ZiB 2“ die Unschuldsvermutung außer Kraft setzt, ist untragbar.

Nach zwei Tagen ist Ihnen gedämmert – offensichtlich haben Sie die Kommentare gelesen –, dass der Weg, den Sie gegangen sind, nicht mehr haltbar ist und dass Sie eine Kurskorrektur versuchen müssen. Bisher haben Sie ja jede Form von Ent­schuldigung oder Verantwortungsübernahme von sich gewiesen. Sie haben dann eine ganz sanfte Form der Verantwortung gezeigt. Aber das ist eigentlich schon fast zu viel gesagt. Sie haben sich zu entschuldigen versucht, aber haben im selben Atemzug sofort der Gerichtsbarkeit die Schuld zugeschoben. Sie haben gesagt: Eigentlich ist die Richterin oder der Richter schuld, weil der junge Bursche wegen mangelnder Reife gar nicht in Untersuchungshaft hätte genommen werden dürfen.

Natürlich darf man Urteile der Gerichtsbarkeit diskutieren, deswegen sind sie ja öffentlich, aber es ist einzigartig in dieser Republik, dass eine Justizministerin hergeht und in dieser Form die Gerichtsbarkeit kommentiert. Das hat es bisher noch nicht gegeben! Ansonsten, wenn wir Sie auf laufende Verfahren im Justizausschuss ansprechen, sagen Sie immer: Zu laufenden Verfahren sage ich nichts, und die Ge­richtsbarkeit kommentiere ich nicht! In diesem einen Fall, wo Sie sich nach einer Pannenserie retten wollten, waren Sie sich nicht einmal dafür zu schlecht, der Gerichtsbarkeit öffentlich auszurichten, dass sie versagt hat. Das ist untragbar!

Eine Woche später ist Ihre Verteidigungsstrategie endgültig zusammengebrochen. Da hat der „FALTER“ weitere Missstände aufgedeckt. Da haben Sie dann plötzlich gesagt: Darüber bin ich nicht informiert!

 


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