Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll217. Sitzung / Seite 159

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Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Frau Bundesministerin, wollen Sie dazu Stellung nehmen? (Bundesministerin Dr. Fekter: Ja!) – Dann erteile ich Ihnen das Wort. – Bitte.

 


16.44.21

Bundesministerin für Finanzen Mag. Dr. Maria Theresia Fekter: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Zuhörer! Hohes Haus! Vorweg möchte ich klarstellen, dass ich bereits in der Kurzdebatte am 26. April betreffend anonymes Schreiben gegen die Oesterreichische Nationalbank zur selben Causa Stellung genom­men habe. Bereits damals habe ich umfangreich über den rechtlichen Rahmen des Interpellationsrechtes berichtet. Ich war lange genug Abgeordnete in diesem Haus, dass ich die Usancen im Detail kenne. Und dieses Hohe Haus hat klar festgelegt, worüber ein Minister Auskunft geben muss und was nicht dem Auskunftsrecht unterliegt. Ich habe damals auch ausgeführt, dass ich in diesem konkreten Fall der Nationalbank nicht Auskunft geben kann – ich werde das noch juristisch ausführen –, aber das Hohe Haus sehr wohl die Möglichkeit hat, im Finanzausschuss, im Rahmen der Aussprache mit dem Gouverneur der Notenbank genau diese Fragen zu erörtern. (Abg. Grosz: Sie können ja Ihre Meinung sagen!)

Herr Abgeordneter Grosz! Seit 26. April hätten Sie Zeit gehabt, diese Aktuelle Aus­sprache mit der Notenbank durchzuführen und dort die Antworten, die Sie gerne hätten, auch zu bekommen. Ich kann Ihnen diese Antwort nicht geben. Es ist meine Pflicht als Finanzministerin, zu allen Gegenständen der Vollziehung durch das Bundesministerium für Finanzen Rede und Antwort zu stehen. Ich nehme das sehr ernst; ich war lange genug Parlamentarierin. Transparenz ist für mich wichtig, und ich habe mich nie gescheut, hier im Parlament auch Antworten zu geben.

Ebenso, Herr Grosz, bin ich jedoch auf die Verfassung angelobt und habe ich die Verfassung zu respektieren. Und der Verfassungsgesetzgeber hier im Hohen Haus hat eben diesen Beantwortungen Schranken gegeben. So ist gemäß Artikel 52 Bundes-Verfassungsgesetz der Nationalrat befugt, die Geschäftsführung der Bundes­regie­rung zu überprüfen, deren Mitglieder über alle Gegenstände der Vollziehung zu befra­gen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen. Diese Kontrollrechte gegenüber der Bundesregierung und ihren Mitgliedern bestehen auch in Bezug auf Unter­nehmungen, an denen der Bund mit mindestens 50 Prozent des Stamm- und Grundkapitals oder Eigenkapitals beteiligt ist und die der Kontrolle des Rechnungs­hofes unterliegen.

§ 90 2. Satz der Nationalrat-Geschäftsordnung 1975 präzisiert diesen Gegenstand der Vollziehung, also die Gegenstände des Fragerechtes, unter Verwendung des Wort­lautes des § 2 Abs. 3 des Bundesministeriengesetzes. Demgemäß sind darunter Regierungsakte sowie Angelegenheit der behördlichen Verwaltung oder der Verwal­tung des Bundes als Träger von Privatrechten zu verstehen.

Aus den Rechtsgrundlagen, die ich soeben vorgetragen habe, ergibt sich, dass Ange­legenheiten einer vom Bund verschiedenen juristischen Person als solche nicht den Gegenstand parlamentarischer Anfragen bilden können, sondern lediglich insofern, als sich allenfalls eine Tätigkeit von Organen des Bundes – und ich bin kein Organ der Nationalbank – auf eine solche juristische Person bezieht. So liegt keine für die parla­mentarische Kontrolle erforderliche Verwaltungstätigkeit im Sinne des Verfassungsge­setzes vor, wenn ein selbständiger Rechtsträger in privatrechtlicher Form handelt. Die Möglichkeit zur Interpellation beginnt dort, wo Leitungsbefugnisse beziehungsweise Ingerenzmöglichkeiten der Regierungsmitglieder hinsichtlich der Tätigkeit des selbstän­digen Rechtsträgers einsetzen.

Nun zur Nationalbank: Die Oesterreichische Nationalbank ist ein vom Bund verschie­dener Rechtsträger, eine Aktiengesellschaft, auf die die Bestimmungen des Aktien-


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