Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 61

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lichkeit, sich politisch auszutauschen und trotzdem die Position des anderen mit Res­pekt kennenzulernen, aber auch weiterzukommen.

Damit bin ich genau beim Thema, bei der Bildungsreform. Die Bildungsforscherin Dr. Christa Koenne hat vor zwei oder drei Wochen in einem ORF-Interview etwas ge­sagt, was ich nur hundertprozentig unterstreichen kann. Sie hat gesagt: Jene Länder waren in der Bildungspolitik und mit der Bildungsreform besonders erfolgreich, die es geschafft haben, die Bildungsreform aus einem Guss zu machen. Aus einem Guss, das heißt, wo klar war, was die Bildungsziele sind, was man gemeinsam erreichen will, wohin die Reise gehen soll.

Das ist in Österreich nicht klar. Dr. Koenne hat in diesem Zusammenhang auch davon gesprochen, dass es in unserem Land durch diese kleinen Trippelschritte in die eine Richtung und dann wieder zurück unzählige Verletzungen gegeben hat, gerade bei den Lehrerinnen und Lehrern. Die Dienstrechtsnovelle, die Sie jetzt vorschlagen, ist ein gu­tes Beispiel dafür. Man zäumt das Pferd nicht von hinten auf, sondern man muss klar­machen, wohin die Reise gehen soll.

Wenn wir – und das hoffe ich, auch wenn es manchmal anders aussieht – ein gemein­sames Interesse daran haben, dass unsere Kinder optimal gefördert werden, jedes nach seinen Talenten, jedes nach seinen Fähigkeiten, jedes nach seinen Bedürfnissen, dann muss die Schule anders ausschauen. Da müssen aber auch gemeinsame Etap­pen festgelegt werden, wie wir zu diesem Ziel kommen können. Da kann man sich nicht einfach nur auf Schlagworte versteifen und sagen: Es geht ja in Österreich eh ganz gut, beziehungsweise, das, was wir jetzt haben, ist ein wunderbarer Schritt auf dem Weg zum Ziel! – wenn das Ziel nicht klar ist.

Gestatten Sie mir auch noch ein paar Worte zur Abgeordneten Marek, weil ich wirklich sensationell gefunden habe, was sie gesagt hat. Das muss man sich wirklich vorstel­len: Wenn es nach der Abgeordneten Marek ginge, dann wäre Österreich von einer Reihe kommunistischer Länder umzingelt, die eines machen: einen Zwangstagskinder­garten für alle Kinder, eine Zwangstagsschule für alle Kinder, und die natürlich auch verhindern, dass Kinder ihren Freizeitaktivitäten nachgehen können. Wenn man glaub­te, was Kollegin Marek sagt, dann sind das die Länder, die im Fußball auf Bezirksliga­niveau spielen, während Österreich aufgrund dieser großartigen Förderung im Fußball und bei anderen Talenten in der Spitzenklasse der Welt mitmischt.

Das hat leider mit der Realität genauso wenig zu tun wie dieser Kommunismusvorwurf, der ja angesichts des Beispiels Finnlands oder anderer skandinavischer Länder, eben­so wie Frankreichs völlig grotesk ist.

Ich vermute, Sie wissen das auch, aber es lohnt sich, für ein billiges Spiel mit der Angst vor dem Kommunismus noch ein paar Punkte zu sammeln. Sie machen sich selbst lä­cherlich! Sie machen sich lächerlich! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Wöginger: Das Beispiel war genauso lächerlich!)

Was wir wollen und was wir brauchen, was auch in einzelnen Bereichen schon gelebt wird – aber hier herinnen fehlt das Bekenntnis dazu –, ist eine gemeinsame Schule, die die starken und die schwachen, die dicken und die dünnen, die intellektuell besonders fähigen mit den intellektuell weniger fähigen Kinder zusammenbringt, die aber auch be­hinderte mit nichtbehinderten Kindern zusammenbringt – auf die haben wir vergessen.

Wir sondern aus, eine Sonderschule ist wirklich ein Skandal, und niemand hat bis jetzt darüber gesprochen, dass dieser Skandal eigentlich dringend abgeschafft gehört (Bei­fall bei den Grünen) nicht nur wegen der behinderten Kinder, sondern auch wegen der anderen Kinder, die dorthin abgeschoben werden. Das möchte ich Ihnen mitgeben, meine sehr geehrten Damen und Herren!

 


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