Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll218. Sitzung / Seite 77

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Daher wehre ich mich schon dagegen, wenn ein bisschen so unterstellt wird, dass da immer in erster Linie dort und da hingehört wird. Es ist eine Konsensdemokratie, und wir wollen versuchen, dass – wenn es grundlegende Veränderungen geben soll – die­ser Konsens das dann auch ermöglicht und dass es dafür große Mehrheiten gibt.

Was Sie angesprochen haben, war letztendlich das föderale Prinzip: Sollen wir über­haupt neun Bundesländer haben? Und, und, und. (Zwischenruf des Abg. Scheibner.) Ja gut, das kann man ja diskutieren, aber da muss man auch mit den Betroffenen dis­kutieren. Die Länder sind ja auch ein kulturelles, politisches Identitätselement, die Ge­meinden genauso, und da kann man nicht drüberfahren, sondern man muss versu­chen, dass man da wirklich einen Konsens herstellt.

Genauso ist es in der Frage des Ausbaus direkter Demokratie: Volksbegehren, Volks­befragung. Wir, die beiden Regierungsparteien, haben da meiner Meinung nach ein sehr ausgeklügeltes, gutes und kluges Modell vorgelegt. Wir haben uns dann selbst­verständlich auch bereit erklärt – da der Wunsch öffentlich immer stärker wurde, das in Begutachtung zu schicken –, das in die Begutachtung zu geben; das haben wir auch getan.

Die Begutachtung ist sehr durchwachsen, würde ich sagen: Der Verfassungsgerichts­hof beispielsweise fordert eine grundlegende Überarbeitung. Das Land Niederöster­reich findet, da stimme die Verhältnismäßigkeit beim Zusammenwirken parlamentari­scher Demokratie mit den Maßnahmen der direkten Demokratie nicht. Der Seniorenrat fordert sorgfältige Überprüfung. Der Rechnungshof rügt die lückenhafte Darstellung der finanziellen Auswirkungen. Die Präsidentschaftskanzlei weist darauf hin, dass man sich Beispiele aus dem Ausland, wie Kalifornien, ebenfalls noch ansehen sollte, bevor man diesen Weg gehe. Die Industriellenvereinigung sagt, Volksbegehren und Volksbefra­gungen seien anfällig für populistische Stimmungsmache und daher missbrauchsge­fährdet. Das Institut für Föderalismus ist für einen maßvollen, schrittweisen Ausbau und plädiert für die weitere Funktionsfähigkeit des politischen Systems.

Der Wiener Landtag äußert erhebliche Bedenken. Der Verwaltungsgerichtshof meint, die Einführung des neuen Instruments sei noch gründlich zu überdenken. Der Vorarl­berger Landtag sagt überhaupt, alle Gesamtänderungen der Bundesverfassung sollen unzulässig sein. Die Landwirtschaftskammer Österreich fordert eine Mindestbeteili­gungsschranke bei Volksbefragungen, damit nicht eine Minderheit über eine schwei­gende Mehrheit entscheidet. Der Gemeindebund macht sich naturgemäß Sorgen um die Finanzierung, er fordert eine Refundierung aller entstehenden Kosten für die Ge­meinden.

Die WKÖ fordert, weder Steuerrecht noch der Sozialbereich sollen Thema von Volks­befragungen sein. Der ÖGB spricht sich gegen einen Volksbefragungsautomatismus aus, weil das mit dem System der repräsentativen Demokratie nicht vereinbar sei. Die Österreichische Bischofskonferenz hat Bedenken und meint, dieser Automatismus solle deswegen überdacht werden, weil das in Konflikt mit dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit geraten könnte.

Ich kann Ihnen das endlos weitererzählen, aber das sind nicht irgendwelche Ein­richtungen, das sind maßgebliche Einrichtungen. (Abg. Scheibner:  unseren Antrag beschließen!) – Ja, ja, bei Ihrem Antrag möchte ich mir dann das Gutachten gar nicht durchlesen, was sie da alles reinschreiben. Also das war ja ohnehin schon der Ver­such, ein Modell zu entwickeln, das die Chance auf Konsens hat. Es ist aber jedenfalls so, dass alle genannten und auch andere Einrichtungen massive Kritik üben und mas­sive Bedenken haben.

Wir sind Demokraten. Wir sind von unserem Modell überzeugt. Wir haben uns da ja letztlich an die Spitze dieser Bewegung für direkte Demokratie gestellt, das dann auch hier im Haus dargestellt, weil wir gesagt haben: Okay, wenn die Oppositionsparteien da


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