Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 48

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11.05.11

Abgeordneter Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Herzlichen Dank für Ihre Erklärungen, weil Sie auch abseits des politischen Hickhacks einmal die Möglichkeit gegeben haben, aus der Sicht des Verteidigungsmi­nisters und aus der Sicht der Innenministerin diese Fragen im Detail hier im Hohen Haus zu diskutieren. In den letzten Wochen und Monaten gab es viele, auch mediale, Diskussionen.

Ich glaube, man muss hier auch anbringen, dass Herr Edward Snowden mit seinen Enthüllungen nicht nur sein Leben riskiert und – zumindest nach US-amerikanischem Recht – Gesetzesbruch begangen, sondern natürlich auch wichtige Fragen aufgewor­fen hat, Dokumente vorgelegt hat, wo sich wichtige Fragen für die Menschen in Öster­reich, in Europa und vermutlich weltweit stellen. Offenbar hat die NSA Telefongesprä­che von 35 Regierungschefs abgehört und mit Programmen wie Prism und Tempora Internet- und Telefonverbindungen von Millionen Bürgern überwacht oder zumindest die Möglichkeit dazu eingeführt.

Allein in Spanien soll die NSA binnen zwei Monaten über 60 Millionen Verbindungs­daten gesammelt haben, in Frankreich sogar 70 Millionen in derselben Zeit. Diploma­tische Vertretungsbehörden wurden angeblich abgehört, und sogar die OPEC in Wien soll betroffen gewesen sein.

Wir wissen nicht, ob diese Vorwürfe stimmen oder nicht (Zwischenruf bei der FPÖ), aber alleine die Vermutung, dass es so sein könnte, und dass es Dokumente gibt, die belegen, dass es so sein könnte, das wirft natürlich viele Fragen auf.

Es gilt, glaube ich, europaweit Modelle und Wege zu finden, um den Schutz von sol­chen Leuten, die man Whistleblower nennt, sicherzustellen, damit in Zukunft Leute, die die europäische Bürgergesellschaft, die Privatsphäre der Menschen schützen wollen, auch in der Zukunft die Möglichkeit haben, das klar zu sagen.

Wer die Wahrheit sagt, ist kein Verbrecher, und wer die Wahrheit sagt, soll auch nicht bestraft werden, als wäre er ein Verbrecher! Das ist ein ganz wichtiger Grundsatz in Europa. Daher möchte ich schon auch Folgendes sagen: Für den Mut und diesen Ein­satz gebührt Herrn Snowden Respekt, gerade das gehört auch hier gesagt, in einem Kreis von demokratisch gewählten Abgeordneten. (Beifall bei der SPÖ, bei Abgeordne­ten der Grünen sowie des Abg. Mag. Stefan. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Asyl!)

Wir wissen – um das auch klar zu sagen –, die Frage: Asyl oder nicht Asyl?, ist nicht eine, die wir selbst entscheiden können, das hängt mehr von der rechtsstaatlichen Struktur ab und vor allem von dem, der die Asylfrage selber stellt, bevor wir sie hier stellen können. (Abg. Dr. Pilz: Anbieten! Anbieten!)

Es ist aber eine wichtige Debatte, und ich glaube, es ist gut, dass das Parlament am Beginn der Sitzungstätigkeit diese sensiblen Fragen hier diskutiert. Es geht darum, die richtige Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu finden. Wann immer man dieses Thema aufwirft, kommt man zu folgendem Zitat von Benjamin Franklin: „Wer die Frei­heit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Es ist interessant, dass es ein Amerikaner war, der dieses Zitat geprägt hat, wiewohl gerade diese Freiheit als zentrales Grundrecht – der Schutz von Grundrechten – eine der Grundfesten der europäischen Einheit ist, weil ja Europa der Ursprung für Grund- und Menschenrechte war. Sie sind in Europa entstanden, sie sind über den Europarat entstanden, wo Österreich gerade den Vorsitz hat, haben sich von dort ausgehend in­ternational verbreitet und wurden von den Vereinten Nationen verankert. Daher liegt es meiner Meinung nach gerade im Interesse der europäischen Staaten, Grundrechte zu verteidigen und zu schützen, und das Grundrecht auf Datenschutz und das Grundrecht auf Schutz der Privatsphäre gehören zentral dazu.

 


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