Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 68

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

schen Museum in München auf einer Wanderausstellung. (Beifall bei NEOS-LIF. – Ruf bei der FPÖ: Warum sollen die Freiheitlichen da weghören?)

Was wir heute hier diskutieren, ist nur eine Facette der schrittweise Aushöhlung der Privatsphäre. Liebe Frau Minister, lieber Herr Minister! Es freut mich ja, dass Sie das Problem, dem wir uns gegenübersehen, auch erkannt haben. Sie haben wortreich er­klärt, was Sie alles tun, aber Sie haben ebenso beredt verschwiegen, was alles nicht getan wird, was Sie alles nicht wissen, und das erlaubt uns eben auch eine Form von Erkenntnis.

Ich möchte nicht den Vorwurf des Abgeordneten Pilz wiederholen, weil ich mir nicht den frühzeitigsten Ordnungsruf der Geschichte einhandeln will (Abg. Brosz: Das wäre tatsächlich Rekord!), aber es steht schon der Verdacht im Raum, dass nicht nur die Privatsphäre ausgehöhlt wird, sondern dass heftig an einem Loch gegraben wird, an einem „Privatsphäre-Loch“, das etwas übertünchen soll, das wir alle sehr hochhalten, und das ist eben diese Privatsphäre, dass da mehr gewusst als zugegeben wird.

Privatsphäre ist ein Grundrecht, auch wenn wir dieses Grundrecht manchmal selbst sehr untergraben, selbst aushöhlen. Wir tragen selbst auch unseren Teil dazu bei, Da­ten leichtfertig preiszugeben, aber das geschieht freiwillig. Wenn Sie, sehr geehrte Da­men und Herren, zu Hause vor den Fernsehschirmen sitzen oder vor dem TVthek-ORF-Livestream sitzen, dann weiß die NSA ganz genau, wo Sie sitzen, und dazu brau­chen wir nicht einmal eine NSA. Das bekommt man mit ganz geringem technologi­schen Know-how hin, auszuspionieren, wo Sie sich befinden.

Das mag ein Problem sein, aber diese Freiwilligkeit, mit der wir unsere Daten preisge­ben, darf nicht als Argument dafür herangezogen werden, diese Daten für andere Zwe­cke zu verwenden. Niemand hat durch diese Freiwilligkeit der Datenherausgabe das Recht erworben, das zu tun! Wir sprechen von Daten, die systematisch, ohne unsere Zustimmung über uns gesammelt werden, egal, ob es sich um Bewegungsdaten, Ver­bindungsdaten oder Kommunikationsinhalte handelt. Wir wissen nicht, von wem diese Daten ausspioniert werden. Wir werden überwacht, wir werden abgehört, unsere Daten werden ohne Anlass auf Vorrat gespeichert. Wenn wir das tolerieren, sind wir wirklich bald im Jahr 1984 nach der Orwell’schen Zeitrechnung.

Regierungen und Geheimdienste heben dieses Loch gemeinsam aus, in dem sie un­sere Privatsphäre versenken. Warum tun sie das? – Zur Terrorprävention, zur Präven­tion von Verbrechen. Wir haben uns einer evidenzbasierten Politik verschrieben, und wenn wir uns die Effektivität dieser Maßnahmen ansehen, müssen wir uns auch vor Augen führen, was der Kosten-Nutzen-Vergleich ergibt. Auf der einen Seite werden ganze Bevölkerungen unter Generalverdacht gestellt, auf der anderen Seite wird kaum jemand gefasst, außer ein paar kleinkriminelle Hendldiebe/Hendldiebinnen. Wer wird nicht erwischt? – Terroristen, der Terrorismus. Wer wurde auch nicht erwischt? – Der Staatsfeind Nummer eins. Da hatte die USA auf dem Serviertablett die Möglichkeit, ei­nen Staatsfeind zu fangen. Und was macht der? – Er setzt sich nach Russland ab!

Edward Snowden ist nach Russland geflüchtet. Er hat Licht in dieses Loch gebracht, und er hat zugleich auch die Untauglichkeit der Methoden vor Augen geführt, die diese Geheimdienste anwenden wollen. Anstatt eine ernsthafte Diskussion darüber zu füh­ren, Edward Snowden Asyl zu geben, bewegen wir uns hier auf einem Niveau, auf dem wir die basalen Anforderungen an Privatsphäre, den Schutz der Privatsphäre diskutie­ren. Asyl für Edward Snowden wäre ein wichtiges Signal, dass uns in Europa der Schutz der Privatsphäre wichtig ist! (Beifall bei NEOS-LIF und bei Abgeordneten der Grünen.)

Und darum geht es! In der Privatsphäre formt sich Meinung, und speziell im politischen Bereich ist dieser Meinungsbildungsprozess zwangsweise durch Sichtweisen geprägt,


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite