Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll3. Sitzung / Seite 76

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ehemaligen Großmächte. Wir haben so etwas nicht! Wir haben Ämter. So, wie wir ein Sozialamt, ein Bauamt, ein Gemeindeamt haben (ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Pilz), haben wir ein Heeres-Nachrichtenamt, ein Heeresabwehramt und ein Bundesamt für Verfassungsschutz.

Allein die Wortwahl oder auch die Wortänderung – früher hieß es ja Staatspolizei, und das klingt ein bisschen bedrohlich – zeugt von einem vielleicht gestörten Verhältnis zum Thema Nachrichten oder Nachrichtendienste oder vielleicht von einem Versuch, deren Aktivitäten zu verniedlichen; und das ist genauso schlimm.

In Wirklichkeit ist es doch so, dass für eine umfassende Sicherheitspolitik Diplomatie, Grenzschutz und innere Sicherheit nicht ausreichen. Natürlich braucht es auch eine militärische Kapazität als letztes Mittel, und natürlich braucht es auch nachrichten­dienstliche Aktivitäten – es wäre naiv, sich dem zu verschließen. Und natürlich arbeiten diese Dienste geheim, das liegt in der Natur der Sache. Aber wir brauchen sie zur Informationsbeschaffung, zur Analyse, auch im Sinne der Abwehr von Wirtschafts­spionage, wie einige Kollegen richtigerweise erwähnt haben.

Zur umfassenden Sicherheitspolitik gehört auch eine europäische Dimension. Und so gesehen: Selbstverständlich – Frau Ministerin, Sie haben es auch erwähnt –, auf uns allein gestellt, werden wir es nicht schaffen, es braucht eine Kooperation auf europäi­scher Ebene, es bedarf eines Austausches – manchmal sogar über Europa hinaus auch mit befreundeten Ländern, und die USA sind nun einmal ein befreundetes Land.

Aber diese Kooperation, diese Mitarbeit, dieser Austausch haben auch Grenzen. Und die Grenzen liegen dort, wo sich befreundete Länder nicht an die Abmachung halten, Herr Bundesminister, und vielleicht hinter ihrem Rücken die österreichischen Bürger massiv bespitzeln und nicht wie früher, noch zu Zeiten des Kalten Krieges, nur einen oder zwei ausspionieren oder einen Funkspruch abhören, sondern einfach durch Plug­gen eines zentralen Servers die Gesamtheit aller telefonischen oder E-Mail-Verbin­dungen des ganzen Landes abzapfen und irgendwo in der Wüste von Nevada zur spä­teren Verwendung abspeichern. Dort sind die Grenzen dann erreicht.

Die Grenzen sind auch dort erreicht, wo die eigenen Staatsbürger bespitzelt werden. Herr Bundesminister, Sie haben am Anfang versprochen, Sie würden Licht ins Dunkel bringen, aber ich muss sagen, ich tappe noch immer ziemlich im Dunkeln, vielleicht auch, weil ich neu hier im Haus bin – aber Sie haben einige Fragen nicht beantwortet.

Was ist der Umfang der Kooperation mit diesen Nachrichtendiensten, und zwar im In­land? Die Villa in Pötzleinsdorf wurde erwähnt. Ich erwähne auch die Abhörstation auf der Koralm. Sind dort nur österreichische Beamte oder Staatsbürger beschäftigt, oder haben auch andere, ausländische Staatsbürger, Zugang zu dieser Abhörstation? Um nur ein Beispiel zu nennen. Wie weit liegen diese Kooperationen zurück? Gehen sie noch immer auf einen Handschlag, ein Gentlemen’s Agreement aus dem Jahr 1955 zurück oder wurde hier weitergearbeitet? Ich habe das Gefühl – und ich glaube, das haben alle hier –, dass es da Versäumnisse gibt. Der Kalte Krieg ist längst vorbei, wir sind im 21. Jahrhundert, und die Art der Kooperation basiert noch immer auf einer Ab­machung, die auf den Staatsvertrag zurückzuführen ist.

Wer kooperiert noch mit uns? – Es ist immer nur die Rede von der NSA, aber es gibt noch andere ausländische Dienste.

Wir bekennen uns zu nachrichtendienstlichen Aktivitäten, befürworten grundsätzlich die Zusammenarbeit und sehen die Notwendigkeit der Vertraulichkeit, aber noch wichtiger als die Vertraulichkeit ist die parlamentarische Kontrolle.

Ich bin neu hier im Haus. In einigen Stunden wird sich der Verteidigungsausschuss konstituieren, ich werde daran teilnehmen, und ich hoffe, Herr Bundesminister, dass


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