Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll7. Sitzung / Seite 54

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geht, Bürger ehrlich an der Entscheidungsfindung in diesem Land zu beteiligen, nämlich als Ergänzung zu dem, was hier im Parlament geschieht, wo es große Ankündigungen gegeben hat –, gibt es dazu als Maßnahme der Regierung eine En­quete-Kommission.

Wir sehen schon, wohin das geht. Das nenne ich eben nicht ambitioniert, sondern das sind wirklich reine Ausflüchte. Und genau da setzt unsere Kritik an.

Wir hätten so viel zu tun, es ist schon angesprochen worden, etwa die Entflechtung der Finanzhoheit der Länder, dass wir uns damit einmal auseinandersetzen und sagen: Es kann nicht sein, dass die Länder das Geld verteilen und der Bund es einnimmt!, denn das führt natürlich unweigerlich zu Schieflagen und dazu, dass Geld vernichtet wird. Aber darüber kein Wort, außer dass man eben ein paar Kommissionen einsetzen wird.

Ich bin auch Justizsprecher, daher darf ich ein paar Worte auch zu diesem Thema sagen. Die Justiz ist in Österreich sehr weit entwickelt, daran ist überhaupt nicht zu zweifeln. Und wichtig für die Justiz, für den Zugang zum Recht ist einerseits ein gewisser Servicecharakter, andererseits die Frage der Kosten. Und da muss man feststellen, dass in Österreich, völlig abgekoppelt von allen anderen Staaten in Europa, die Justiz mit ihren Gebühren zu 110 Prozent finanziert wird. Das heißt, mit Ihren Gebühren, die Sie als Bürger zahlen, finanzieren Sie das Budget mit. Und das wäre in allen anderen Staaten Europas völlig unvorstellbar. Der europäische Durchschnitt liegt bei 22 Prozent der Kosten der Justiz, die durch Gebühren ersetzt werden, in Österreich aber sind es 110 Prozent.

Das führt zum Beispiel dazu, dass Sie, wenn Sie bei Gericht eine Kopie machen wollen, mittlerweile 63 Cent pro Seite zahlen müssen, wenn Sie es selbst kopieren. Da muss man noch dazusagen, dass im September, also unmittelbar vor der Wahl, alle Gebühren noch einmal um 5 Prozent angehoben wurden, obwohl bereits bekannt war, dass wir da überfinanzieren. Schnell, schnell, drei Tage vor der Wahl, damit es ja nicht auffällt.

Oder, ein Beispiel für diesen Gebührenwahnsinn: Wenn Sie als Vater oder Mutter einen Besuchsrechtsantrag stellen, dann zahlen Sie für den Antrag 231 € (Abg. Neubauer: Unfassbar!) und für die Entscheidung, die es dann gibt, noch einmal 115 €. (Abg. Neubauer: Unglaublich!) Wenn Sie zwei Kinder haben, das Doppelte. Welcher Bürger kann es sich leisten, solch einen Antrag zu stellen? Wenn, dann muss er sich das irgendwo absparen.

Daran sehen wir, und das ist doch das Ergebnis, dass Bürger dann – und in diesem Fall Väter und Mütter; das ist ja ein besonders sensibler Bereich – unter Umständen, weil sie es sich nicht leisten können, den Antrag nicht stellen. Das sind die Schieflagen in unserem System, die abgeschafft werden müssen, worüber ich in diesem Regie­rungsprogramm aber kein Wort finde. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des Teams Stronach.)

Es geht natürlich auch in die andere Richtung, nämlich dort, wo der Wirtschaftsstandort unter Umständen dadurch geschädigt wird, dass wir exorbitant hohe Gerichtskosten haben, Pauschalgebühren, wenn es um hohe Streitwerte geht. Bei einem großen Verfahren, wie es jetzt in Linz der Fall war, mit einem Streitwert von 100 Millionen € hat man in Großbritannien oder Italien eine Gebühr in der Höhe von 2 000 bis 3 000 €, in Deutschland 300 000 € und in Österreich über 1 000 000 €, einfach nur einmal als Pauschalgebühr am Anfang. Das ist auch für den Wirtschaftsstandort sehr proble­matisch. Also wir haben da eine völlige Schieflage, etwas, was längst abgeschafft gehört.

 


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