Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 86

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11.41.37

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Damen und Herren von der SPÖ! Mit der Themenvorgabe „Duales Ausbildungs­system“, und das im Rahmen einer Europastunde, haben Sie uns allen aufgegeben, ei­nen Spagat zu schaffen – eine Aufgabe, die, würde ich jetzt einmal sagen, in der bis­herigen Debatte suboptimal gelöst worden ist.

Bis jetzt handelte es sich einfach um eine Kraut- und Rüben-Debatte. Die einen reden zu Themen wie Charakter, Entwicklung und Defizite der dualen Ausbildung, also über einen höchst nationalen Bereich, die anderen über irgendetwas und die Dritten ein bisschen über Europa.

Ich finde das in hohem Maße bedauerlich, aber es war absehbar. Ich gebe Ihnen schon auch dafür die Verantwortung, dass wir jetzt aus dieser Debatte eigentlich nicht wirklich etwas herausziehen können. Das ist auch insofern schade, als wir europa­politisch doch eine ganze Reihe sehr zentraler Punkte zu diskutieren hätten. Da, Herr Bundeskanzler, habe ich leider bis dato nichts oder extrem wenig von Ihnen gehört.

Ich möchte zwei Punkte ansprechen. Das eine ist das aktuell in Verhandlung stehende Freihandelsabkommen mit den USA, dessen Inhalt massive Konsequenzen für die Menschen in unserem Land haben wird. Es wird darum gehen, inwieweit das Niveau unseres Konsumentenschutzes zum Beispiel gehalten werden kann und wo wir uns herunternivellieren lassen müssen – Stichwort gechlortes Hühnerfleisch; Sie kennen dieses Argument vielleicht. Ich habe hier vom Herrn Bundeskanzler noch nichts dazu gehört. Ich weiß nicht, ob Sie in die Verhandlungen involviert und informiert sind. Ich finde, das ist ein hohes Maß an Defizit, das hier deutlich wird. Wir müssen über die Verhandlungen Bescheid wissen. Wir müssen wissen, wie Sie sich für Österreich in Brüssel in dieser Frage positionieren. (Zwischenruf bei der ÖVP.) – Das ist ein Europa­thema, meine Damen und Herren von der ÖVP! Wenn Sie das nicht erkennen, dann frage ich: Wo fangen wir dann an? (Beifall bei den Grünen.)

Zweites wichtiges europapolitisches Thema: der Wettbewerbspakt. In den letzten Mo­naten habe ich immer wieder versucht, eine Position des Herrn Bundeskanzlers zu die­sem Thema zu bekommen. Es war nicht möglich.

Gut, unter diesem Titel ist die Politik jetzt einmal vom Tisch, aber unter einem anderen wird sie wiederkommen. Worum geht es da? – Es geht darum, dass es Kräfte in Euro­pa gibt, die die Wettbewerbsfähigkeit von Europa, von einzelnen Staaten dadurch stei­gern wollen, dass unsere Sozialniveaus herunternivelliert werden, die Lohnniveaus he­runternivelliert werden sollen und auch die öffentlichen Leistungen an sich. Und ich möchte wissen, wie Sie, Herr Bundeskanzler Faymann, sich in dieser Frage in Brüssel positionieren werden.

Was tun Sie, um diesem Schwall, der auf unsere Niveaus drückt, entgegenzuwirken? Ich vermisse Positionierungen von Ihnen, ich vermisse eine Debatte. So etwas hätten wir heute hier diskutieren können. Schade, schade, dass Sie die Chance nicht nützen. (Beifall bei den Grünen.)

Gut, Sie wollen über das duale Ausbildungssystem reden, was Sie selbst ja dann kaum gemacht haben. Wir wissen, es gibt da Defizite. Es gibt einen Reformbedarf bei der Unterstützung der Betriebe, damit sie ausbilden können. Wir haben ein Problem mit der Qualitätssicherung. Einiges wurde vom Kollegen Walser bereits angesprochen.

Ich möchte aber noch auf einen Punkt eingehen. Wenn Sie sagen, das Modell der dua­len Ausbildung ist quasi unser Kampfinstrument gegen die Jugendarbeitslosigkeit, das auch in Europa quasi als das ideale Instrument verkauft wird, dann möchte ich Sie schon auf etwas hinweisen. Jugendarbeitslosigkeit entsteht in hohem Maße an der Schnittstelle von Bildung, schulischer Ausbildung und Arbeitsmarkt. Innerhalb dieser Über-


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