Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll9. Sitzung / Seite 289

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

nicht ständig als sogenannte Ausländer bezeichnet werden. Offiziell sind sie das, auch wenn sie hier geboren wurden, immer hier gelebt haben und nie woanders.

Die Bundesrepublik Deutschland hat das inzwischen anders gelöst, und zwar vor 14 Jahren. Am 1. Jänner 2000 ist dort das neue Staatsbürgerschaftsgesetz in Kraft ge­treten, das besagt: Wer in Deutschland auf die Welt kommt und Eltern hat, die sich
dort legal niedergelassen haben und seit vielen Jahren dort legal leben, ist qua Geburt Deutscher.

Jetzt geht Deutschland noch einen Schritt weiter. Die neue sogenannte Große Koali­tion hat sich darauf geeinigt, dass sich diese Kinder mit 23 Jahren nicht mehr zwischen beiden Staatsbürgerschaften entscheiden müssen. Diese Kinder werden also wie Ar­nold Schwarzeneggers und Anna Netrebkos und viele, viele mehr, die zum Beispiel in binationalen Ehen auf die Welt gekommen sind, DoppelstaatsbürgerInnen sein und Doppelstaatsbürger und Doppelstaatsbürgerinnen bleiben können. Das bezweckt auch unser Antrag.

Und um ein Argument, das höchstwahrscheinlich wieder kommen wird, gleich zu ent­kräften: Nein, die Grünen verlangen nicht, dass auch Kinder von Touristen, von Durch­reisenden oder von Leuten, die sich nur vorübergehend in Österreich aufhalten, Dop­pelstaatsbürger und per Geburt österreichische Staatsbürger sein sollen. Was uns vor­schwebt, ist, dass, wenn sich mindestens ein Elternteil – warum mindestens ein El­ternteil? – damit eben Alleinerzieher und Alleinerzieherinnen nicht bestraft werden – seit mindestens fünf Jahren legal in Österreich niedergelassen hat, sprich auf Dauer hier lebt, das Kind qua Geburt Doppelstaatsbürger sein können soll.

Ich hoffe hier wie auch im Innenausschuss auf eine produktive und konstruktive De­batte. – Danke für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei Grünen und NEOS-LIF.)

21.13


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Pendl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.13.30

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Dieses sicher sehr interessante und sehr wichtige Thema wird derzeit nicht nur auf nationaler Ebene, sondern auch in vielen anderen europäischen Staaten diskutiert. Ich möchte nur der Historie Rechnung tragen und sagen, dass sich die europäischen Staaten Mitte der siebziger Jahre über den Europarat in einer Verein­barung gefunden haben, wonach die europäischen Staaten aus ganz bestimmten Gründen keine Doppelstaatsbürgerschaften wollten.

Jetzt kann man sagen, die Zeiten haben sich geändert, man hat heute andere Bedin­gungen. Es muss aber klar sein, dass alle Fragen, die damit einhergehen, diskutiert werden müssen. Und wir sehen ja, was gerade in Deutschland diskutiert wird, wo es eine Regelung gibt, wo zwar von Geburt an jeder gleich die Doppelstaatsbürgerschaft hat, sich aber zwischen dem 18. und 23. Lebensjahr entscheiden muss, welche Staats­bürgerschaft er zurückgibt. Das ist also auch eine unbefriedigende Lösung.

Ich glaube, die gesellschaftspolitisch relevante Frage ist – das zieht sich quer durch die Europäische Union oder, wenn Sie so wollen, durch Europa – die Frage: Wollen wir ei­ne Kultur haben, die sich zu dem Land, in dem sie sich befindet, ganz einfach mit allen Wenn und Aber bekennt, oder wollen wir Kulturen haben, die über diesen Bereich hi­nausgehen, mit allen möglichen Problemfeldern? – Ich bin der Letzte, der diese Frage nicht offensiv diskutieren möchte, aber es muss schon klar sein, dass da auch die Frage auftauchen kann: Was macht man dann mit Fällen, die sich zu einem Staat be­kennen, der unseren Grundrechten und unserer Verfassung diametral entgegensteht? Ich will gar nicht von harten Auseinandersetzungen reden.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite