Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll12. Sitzung / Seite 76

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Präsident Karlheinz Kopf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. – Bitte.

 


13.56.16

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Wobei man schon sagen muss, es hat zwei For­mulierungen des Außenministers gegeben, und an die will ich jetzt anknüpfen. Das eine ist, dass die Europäische Union Chancen für wirtschaftliche Entwicklung ermögli­chen soll, und das Zweite ist, dass es auch darum geht, die regionale Zusammenarbeit mit Russland zu pflegen.

Man kann sich jetzt ansehen, wie die Kommentare und wie die Berichterstattungen ein­zelner, vor allem deutscher Medien sind, aber auch, was der Leitartikler in der heutigen Ausgabe der „Presse“ unter dem Titel: „Warum Julia Timoschenko jetzt nicht die Frau der Stunde ist“ schreibt, wo er unter anderem argumentiert: „Es gilt, ein ganzes Land zusammenzuhalten und die Wunden zu heilen, die die letzten Wochen auf beiden Sei­ten schlugen.“ Das, was jetzt nämlich droht, ist eine Spaltung der Ukraine. Das, was jetzt droht – und das bringt „Spiegel online“ so schön auf den Punkt –, ist, dass es bis in einen Bürgerkrieg abgleiten kann, dass es Auslöser einer neuen Ost-West-Konfron­tation sein kann. Und das ist genau das Falsche!

Es ist schade, dass Kollege Haubner jetzt nicht im Saal ist, denn er hat vorhin von den vielen Investitionen österreichischer Unternehmerinnen und Unternehmer gesprochen. Und der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, bringt es in einem Kommentar im „Handelsblatt“ auf den Punkt: „Russland gehört dazu“.

Das ist ganz entscheidend, weil ja auch von der Partnerschaft der Europäischen Union gesprochen wurde und von der Zollunion von Russland, Weißrussland und Kasach­stan. Ich sage Ihnen etwas: Auch dort sind Investitionen, und daher muss man darauf, glaube ich, ganz sensibel eingehen. Und wenn es da manche gibt, die dann gar noch davon philosophieren, dass die Ukraine Mitglied der NATO werden soll, dann kann ich nur – wiederum aus dem „Spiegel online“ – den ehemaligen Ministerpräsidenten Igor Gaidar, einen liberalen Reformer und Freund des Westens, zitieren, der sagt, wenn das getan wird, dann ist für Russland die schwierige Situation gegeben, dass es im Ernstfall gar nicht mehr verteidigungsfähig ist. Das erklärt – denn das ist die Konse­quenz daraus –, warum die so dagegen sind und warum die so auftreten.

Man muss natürlich auch noch einen weiteren Aspekt wissen, was die wirtschaftliche Entwicklung betrifft: Die schwachen Regionen im Westen, das sind Lemberg und an­dere Gebiete, wo die Hochburgen der Nationalisten sind; aber dort, wo es wirtschaftlich wirklich passiert, das ist der Osten, das sind die Stahlwerke, der Schiff- und Turbi­nenbau. Deren Markt ist aber auch Russland, und das muss man sehen. Dazu kommt noch – auch keine Sache, die einfach zu negieren ist –, dass Russland auf der Krim in Sewastopol die ganze Schwarzmeerflotte stehen hat. Also ich meine, die Interessen­lage Russlands ist eine eindeutige.

Wenn man auf die nicht als Partner im Gesprächsweg eingeht, gibt es den Kalten Krieg wieder, gibt es wieder eine Ost-West-Konfrontation, und zwar diesmal unter Beteili­gung der Europäischen Union. Das kann doch keiner wollen! Was wir vielmehr wol­len – wenn ich die Europäische Union richtig verstanden habe –, das sind diese Inte­grationssignale, das ist, dass wir hier zusammenwachsen, aber mit Russland und nicht gegen Russland! – Das ist ein ganz entscheidender Aspekt dabei. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Ich bin auch dagegen, dass man das undifferenziert sieht – es sieht ja ohnehin keiner mehr undifferenziert, aber ich sage es trotzdem –, was den Maidan-Platz betrifft. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ titelt in ihrer heutigen Ausgabe: „Die Extremisten vom


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