Und wenn Sie uns hier verkünden, wir sollen auf das Burgtheater stolz sein, dann muss ich Ihnen sagen: Der Stolz birgt gewisse Gefahren in sich, nämlich dass man vielleicht an der Realität vorbeisieht, dass man sich selber ein bisschen überschätzt. Und genau das scheint mir bei einigen Vertretern hier der Fall zu sein.
Ich glaube, wir sollten das tun, was eigentlich das Burgtheater selber gemacht hat aus Anlass des 125-jährigen Bestehens. Da hat man eine große Enquete durchgeführt, einen Kongress durchgeführt mit dem Thema „Von welchem Theater träumen wir?“. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass wir es mit einem finanziellen Albtraumtheater zu tun haben, denn da ist ja einiges passiert.
Wir haben bei diesem Kongress viel Gescheites gehört – viel Gescheites darüber, was wir uns von einem Burgtheater erwarten: einen Ort des Dialogs, einen Ort des Widerspruchs, einen Ort auch der Provokation, der kulturellen Provokation. All das haben gescheite Menschen zu Recht gesagt.
Was mich am stärksten beeindruckt hat, war eine nicht geplante Rede. Sie ist eingegangen als „Rede des Billeteurs“, der eine Pause genutzt hat, um auf einen Aspekt hinzuweisen, der unmittelbar zu unserem heutigen Thema führt, nämlich zur finanziellen Gebarung, auch im Zusammenhang mit moralischen Aspekten. Ich zitiere ihn – es ist der Platzanweiser Christian Diaz –:
„Es ist dringend an der Zeit, dass sich das Burgtheater der ungerechten, hierarchischen und unsolidarischen Arbeitsbedingungen am eigenen Hause stellt.“
Ich glaube, das ist auch ein Aspekt, den wir in diesem Zusammenhang beachten sollten. Christian Diaz ist einer von 400 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die sich bei den Wiener Bundestheatern darum bemühen, dem Publikum den Platz zu zeigen, und die inzwischen auch die Programme verkaufen, et cetera, et cetera. Und er kritisiert völlig zu Recht ganz massiv die Tatsache, dass mit der Ausgliederung 1996 einiges passiert ist, was, wie ich meine, mit der Kulturnation Österreich nicht vereinbar ist und worauf wir, Herr Kollege Cap, nicht stolz sein können, nämlich dass beispielsweise er selber nicht mehr Angestellter des Burgtheaters ist, sondern Angestellter einer Security-Firma, einer international tätigen Security-Firma mit insgesamt 600 000 Mitarbeitern. Er hat sich beschwert darüber, dass er im Burgtheater mit Kollegen und Kolleginnen konfrontiert wird, die Gefängnisse betreiben, die Abschiebelager betreiben, et cetera, et cetera. – Das ist die gegenwärtige Situation auch von Mitarbeitern im Burgtheater, die wir, glaube ich, ernst nehmen sollten!
Ich erinnere da an einige bemerkenswerte Veranstaltungen. Ich habe selber die Produktion „Die letzten Zeugen“ im Burgtheater besucht. Was würden diese letzten Zeugen zu dieser Tatsache sagen? – Ich glaube, die haben dazu auch teilweise deutliche Worte gefunden, jedenfalls bei der Veranstaltung, bei der ich dabei war.
Das Burgtheater ist – es wurde zu Recht darauf hingewiesen – keine private Einrichtung. Es gehört zu hundert Prozent direkt oder indirekt dem Bund, und es muss eines klar sein: Es muss Schluss sein mit der Geheimniskrämerei um die finanziellen Gebarungen in diesem Bereich! (Beifall bei Grünen und NEOS.)
Derzeit haben wir die Situation, dass das Parlament keine Kontrollmöglichkeiten hat. Wir können nicht in den Betrieb hineinschauen. Es wäre jedoch eine wesentliche kulturpolitische Aufgabe, in diesem Bereich zu kontrollieren. Das wird aber derzeit verhindert. Beim Burgtheater fehlt vor allem – darauf wurde schon hingewiesen – das parlamentarische Interpellationsrecht. Parlamentarier können keine Fragen stellen. Wenn sie doch Fragen stellen, dann werden sie abgewimmelt. Das ständig steigende Defizit wird also, muss man ehrlich zugeben, nicht kontrolliert.
Wolfgang Zinggl weist seit vielen, vielen Jahren darauf hin. Er hat diesbezüglich eine ganze Reihe von Anfragen gestellt: zur Gebarung des Burgtheaters, zur Gebarung der
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite