Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 111

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Österreich hat sich in internationalen Übereinkommen unter anderem dazu verpflichtet, Angehörigen der anerkannten Volksgruppen Schulbildung in der Muttersprache zu ermöglichen und diese auch zu fördern. Der Europarat konstatiert für Österreich Defizite. Das Ministerkomitee des Europarates hat Österreich wiederholt dazu ange­halten, sicherzustellen, dass die steigende Nachfrage nach Unterricht in den Volks-grup­pensprachen befriedigt wird. Auch die Bundeshauptstadt Wien, die da ja in erster Linie betroffen ist, hat dieses Defizit anerkannt.

In einer Stellungnahme des Amtes der Wiener Landesregierung im Begut­achtungs­verfahren für ein neues Volksgruppengesetz wird für die in Wien beheimateten autochthonen Volksgruppen eine systematische gesetzliche Förderung von Privat­schulen durch den Bund befürwortet. Diesen Lösungsansatz haben offensichtlich auch SPÖ und Grüne im Verfassungskonvent verfolgt.

Der vor Ihnen liegende, von uns eingebrachte Antrag ist ein pragmatischer Lösungs-ansatz, denn er schließt eine Versorgungslücke und beendet eine Benachteiligung jener Privatschulen, die nicht von Kirchen oder Religionsgemeinschaften betrieben werden. Er bedeutet noch keine Gleichstellung mit den Minderheitenschulgesetzen in Kärnten und im Burgenland; das wäre eigentlich das erstrebenswerte Ziel.

Unser Antrag bedeutet aber zumindest eine Kostenübernahme durch den Bund für die Privatschulen der Volksgruppen und die Abschaffung einer groben Diskriminierung jener Volksgruppenangehörigen, die von diesen beiden Minderheitenschulgesetzen für Kärnten und das Burgenland nicht erfasst sind. Unser Antrag bedeutet auch die Abschaffung einer groben Diskriminierung der Privatschulen von Volksgruppen gegen­über jenen, die aufgrund des Konkordats bereits seit Jahrzehnten vom Bund finanziell gefördert werden.

Der Gesetzesvorschlag kommt den Empfehlungen des Europarates und einem tat­sächlichen Bedürfnis nach, welches sich anhand von ein paar Zahlen veranschau­lichen lässt. So besuchen in der Steiermark knapp 500 Schülerinnen und Schüler den Slowenischunterricht, und das nur als Freigegenstand beziehungsweise als unverbind­liche Übung. In den bereits erwähnten Komensky-Schulen in Wien nehmen knapp 400 Schülerinnen und Schüler am zweisprachigen Unterricht in Deutsch und Tschechisch beziehungsweise Deutsch und Slowakisch teil.

So weit der sachliche, legistische Hintergrund dieses Antrags, aber worum geht es eigentlich? – Es geht darum, dass wir festhalten, dass insbesondere in Zeiten der Globalisierung Mehrsprachigkeit eine der wichtigsten Kompetenzen ist, mit denen wir unsere junge Generation ausstatten können, nämlich die Kompetenz, die ein Mensch benötigt, um sich in der neuen Welt zurechtzufinden und in einer modernen Arbeitswelt unterzukommen.

Wir haben hier einen konkreten Maßnahmenvorschlag, der uns dabei helfen kann, die junge Generation damit auszustatten, denn wir haben das Potenzial, die nächste Generation europafit zu machen. Wir haben die Möglichkeit, die Chancen der nächsten Generation zu verbessern, sich auf dem Arbeitsmarkt zu beweisen und die Jobs zu finden, die ihrer Qualifikation entsprechen. Wir brauchen dazu nicht das Rad neu zu erfinden, wir brauchen einfach nur die bestehenden Ideen umzusetzen und diese aus­zubauen.

Österreich liegt im Herzen der Europäischen Union, umgeben von Kulturen und Sprachen, die uns seit Jahrhunderten bekannt und doch sehr fremd sind. Rund 90 Mil­lionen Europäerinnen und Europäer sprechen zwar Deutsch als Muttersprache, 440 Millionen aber eben nicht.

 


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