Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 90

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Schauen wir uns das zentrale Projekt der letzten Regierung an, ebenfalls Rot-Schwarz, nämlich die Neue Mittelschule! Ich kann mich noch sehr gut an den damaligen Unter­richtsausschuss erinnern, als Sie das gegen unseren erbitterten Widerstand mit Ihrer Mehrheit beschlossen haben. Frau Ministerin Schmied hat damals von einem Jahr­hundertgesetz gesprochen.

Wie schaut es heute aus mit diesem Jahrhundertgesetz, wie sind die Fakten heute? – Heute berichtet der „Kurier“, dass die SchülerInnen aus der Neuen Mittelschule im Ge­gensatz zu den früheren Hauptschülern nicht einmal mehr an die AHS-Langformen aufgenommen werden, dass sie nicht einmal mehr in die AHS-Langform wechseln kön­nen. Sie werden sehen – und wir haben Sie bei der Beschlussfassung darauf hinge­wiesen –, das wird noch dramatischer werden. Die Hintergründe? – Die AHS-Direkto­rinnen und -Direktoren zweifeln an der Kompetenz der SchülerInnen, und sie zweifeln aufgrund der letzten Standardüberprüfungen durchaus zu Recht daran, muss man leider dazusagen. Wir hätten gerne eine Evaluierung für das, was Sie damals ange­richtet haben.

Man stelle sich einmal vor, heute haben SchülerInnen der dritten, vierten Klassen Neue Mittelschule sieben Noten! Es reichen nicht mehr die Noten 1 bis 5, jetzt braucht es für die Neue Mittelschule 1 bis 7. Das wissen noch die wenigsten Lehrherren, die künftig diese Zeugnisse in die Hand bekommen und sich nicht mehr auskennen werden. Wie klar ist da einen Dreier? Ein Dreier im einen Fall ist schlechter als ein Vierer im ande­ren Fall? Das erklären Sie einmal den Lehrherren, die anderes zu tun haben, als sich mit den Irrungen und Wirrungen der österreichischen Bildungspolitik auseinanderzuset­zen! Wie sich das auswirkt, hätte ich sehr wohl und sehr gerne evaluiert gehabt, das wird aber nicht mehr möglich sein.

Ich möchte auch den zeitlichen Ablauf evaluieren lassen, wie sich das wirklich entwi­ckelt mit den Kompetenzen der SchülerInnen, die in der Neuen Mittelschule sind, ob das stimmt, was man aus den Schulen hört: dass das System mit den Zweitlehrern auf­grund mangelnder Vorbereitung überhaupt nicht funktioniert, dass der Zweitlehrer/die Zweitlehrerin sehr häufig in der letzten Reihe sitzt, bestenfalls auf die sogenannten läs­tigen Schüler aufpasst, aber nicht das tut, was wirkliches, modernes Teamteaching er­fordern würde.

Wir brauchen evidenzbasierte Bildungspolitik – das Lieblingswort der früheren Bil­dungsministerin Schmied –, wir brauchen Fakten über unser Bildungssystem. Wir brau­chen Längsschnitte, damit wir politisch auch entsprechend eingreifen können. Darauf hat erst gestern auch der Statistiker an der Universität Wien, Herr Erich Neuwirth, hin­gewiesen.

Der Parteisekretär der SPÖ hat mich kritisiert, weil ich einen Vergleich mit der Hypo Alpe-Adria angestellt habe. Lassen Sie mich kurz erklären, wie es zu diesem Vergleich gekommen ist! Ähnlich wie bei der Hypo Alpe-Adria verweigern Sie sich nämlich auch in diesem Fall den Fakten, ähnlich wie bei der Hypo Alpe-Adria ist seit Jahren klar, was zu tun wäre. Und ähnlich wie bei der Hypo Alpe-Adria wird uns das Milliarden kosten.

Ein Beispiel nur dazu: Bildungsökonomen – in Österreich gibt es leider keinen einzigen Lehrstuhl für Bildungsökonomie – haben errechnet, dass die sogenannten Early-School-Leavers, also jene, die nach absolvierter Schulpflicht keine weitere Ausbildung mehr haben, den Staat in Folge zwischen 350 000 und 400 000 € kosten, und zwar über So­zialhilfebeiträge, über Arbeitslosengeld, falls sie zwischendurch einmal Arbeit finden, über die höhere Kriminalitätsrate, die miteingerechnet werden muss, über Gefängnis­aufenthalte und so weiter. Bildungsökonomen sagen 350 000 €. Derzeit produzieren wir in Österreich 8 000 bis 10 000 Early-School-Leavers pro Jahr. 8 000 bis 10 000! Multiplizieren Sie einmal diese Zahl, dann werden Sie staunen, weil daneben die Hypo Alpe-Adria verblasst!

 


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