Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 26

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nennen: Es gibt in ganz Europa keinen Betrieb, der mehr als 800 oder 1 000 Rinder hat. In den USA gibt es Betriebe mit bis zu 40 000 Rindern. In den USA haben sich die Schlachthöfe konzentriert, von 10 000 Betrieben auf mittlerweile 3 000. Die sind wie Städte organisiert. Der größte Schlachtkonzern in den USA schlachtet pro Woche 42 Millionen Hühner, 170 000 Rinder und 350 000 Schweine – pro Woche! Das nur, um einmal zu illustrieren, was für eine Industrialisierung in diesen Regionen statt­gefunden hat. Wir sind in Europa aus gutem Grund einen anderen Weg gegangen, nämlich mit kleinstrukturierter Landwirtschaft und mit dem Setzen auf Bio-Betriebe und auf Bio-Landwirtschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema öffentliche Beschaffung: Wir haben in Österreich sehr darum gekämpft, dass es in den Kinderbetreuungseinrichtungen, in den Pflegeheimen, in den Betreu­ungsheimen für ältere Menschen Bio-Produkte gibt gesunde, regionale Bio-Produkte! (Zwischenruf des Abg. Rädler.) All das ist in Frage gestellt, wenn man das Thema ausschließlich kommerziellen Interessen unterwirft. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Rädler.) – Sie finden das jetzt vielleicht ein bisschen lustig. Sie sollten das Thema aber etwas ernster nehmen, sage ich Ihnen ernsthaft! (Beifall bei den Grünen. Abg. Kogler: Sinnbildlich für die ÖVP: Der, der sich am wenigsten auskennt, schreit am meisten!)

Das Freihandelsabkommen reicht aber auch in andere Bereiche hinein, etwa in den Bereich Klimaschutzpolitik und Fracking. Wenn man sich ernsthaft mit Klimaschutz auseinandergesetzt hat, dann weiß man, dass Fracking ein vollkommen verfehlter Weg ist. In Europa ist Fracking in vielen Ländern verboten; auch die Einfuhr von Schiefergas ist nicht erlaubt. Jetzt frage ich mich, was das bedeutet, wenn das im Freihandels­abkommen auf einmal Thema ist. Ist das die Liquidierung unserer Klimapolitik?

Auch die Kulturpolitik ist eine sehr spannende Frage. Wie geht man mit unserer Film­vielfalt um? Wir haben Dutzende Sprachen in Europa. Jedes Land hat eigene Varia­tionen in der kulturellen Vielfalt in Film, Buch – die Buchpreisbindung! – oder Theater. All das ist nicht kommerzialisiert, all das wird öffentlich gefördert. Auch das steht alles auf der Verhandlungsagenda dieses Freihandelsabkommens.

Wasserprivatisierung durch die Hintertür: Glauben Sie, dass es ausgeschlossen ist, dass es auch in diesen Bereichen ein Verhandlungsmandat gibt? Unseren Infor­mationen nach gibt es ein Verhandlungsmandat über genau diese Dienstleistungen wie die Wasserversorgung, aber auch die Bildung. Wenn Sie anderer Meinung sind und wenn Sie sagen, das sind nur Befürchtungen, dann legen Sie einfach die Verhand­lungsdokumente auf den Tisch! Bis zum heutigen Tag haben Sie das nicht getan. Dann können wir ernsthaft weiterreden. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Loacker.)

Jetzt kommen wir zu einem ganz zentralen Punkt und zu einer ganz zentralen Verant­wortung – auch von Ihnen persönlich, Herr Bundeskanzler! Um all das durchzusetzen, um all diese Kommerzialisierungsinteressen für Konzerne durchzusetzen, gibt es in diesem Abkommen einen ganz zentralen Punkt, nämlich ein Sonderklagerecht, das abseits der regulären Gerichtsbarkeit, der ordentlichen Gerichtsbarkeit angesiedelt ist. Es geht da um Schiedsgerichte, bei denen Firmen direkt gegenüber Staaten Inves­titionsverluste einklagen können. Das ist in anderen Teilen dieser Welt auch schon sehr oft geschehen, meistens zum Nachteil der Bevölkerung und zum Vorteil eines Konzerns – außerhalb der staatlichen Gerichtsbarkeit!

Jetzt haben Sie aber massiven Erklärungsbedarf. Es gab eine Aussprache mit einem amerikanischen Chefverhandler hier in diesem Haus. Wir haben eine Unterlage vom österreichischen Außenministerium erhalten, aus der hervorgeht, dass die österreichi­sche Position tatsächlich diese Schiedsgerichtsbarkeit außerhalb der regulären Gerichtsbarkeit unterstützt. (Abg. Kogler: Unglaublich!) Das heißt, ein intransparentes


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