Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 40

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Freihandelsabkommen zählen zu den weitreichendsten, wirtschaftlich bedeutendsten und somit natürlich auch zu den kompliziertesten und heikelsten, die der Europäischen Kommission bevorstehen.

Es ist dies mehr als ein übliches Handelsabkommen, denn es sollen damit zwei riesige Wirtschaftsblöcke integriert werden, die immerhin über 45 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung verfügen. Damit besteht nicht nur die Chance, das Wirtschafts­wachstum in der EU weiterzuentwickeln, sondern auch die Möglichkeit, weltweite Stan­dards zu setzen, und zwar vielleicht zum letzten Mal, bevor die aufstrebenden Volks­wirt­schaften Asiens und Lateinamerikas anderen Staaten ihre Standards aufzwingen. – Erstaunlicherweise hat in diesem Zusammenhang der bayerische Landesvorsitzende der Grünen, Janecek, die Hoffnung, dass durch dieses Freihandelsabkommen höhere Umwelt- und Verbraucherstandards gesetzt werden.

Der internationale Handel und Investitionen im Ausland sind für die EU und für Öster­reich der Motor des Wirtschaftswachstums, und es geht dabei auch um die Sicherung von Arbeitsplätzen, denn eine Milliarde Export bedeutet auch 15 000 zusätzliche Arbeitsplätze. Der größte Teil dieses Handels betrifft drei Branchen – Fahrzeuge, Motoren und Chemie – und lässt somit auf einen hohen intra-industriellen Handel schließen. Der Zugang zu diesen Märkten ist ganz unterschiedlich. So ist der Chemie­sektor in Europa mehr als dreimal so stark durch nicht-tarifäre Barrieren beschränkt wie in den USA, während Exporte im Maschinenbereich in die USA mit durchschnittlich 46 Prozent zusätzlichen Handelshemmnissen erschwert werden.

Es wurden schon die KMU angesprochen: Auch ein eigenes KMU-Kapitel kommt in diesem Abkommen vor, denn immerhin sorgen die KMU beiderseits des Atlantiks für den größten Teil der Beschäftigung. Wegen der hohen Hürden können die KMU allerdings nicht so einfach nach Übersee anbieten. Die europäischen KMU sind bessergestellt und werden sich besser behaupten als ihre amerikanischen Kollegen, die ja vorwiegend auf dem Heimmarkt tätig sind. (Abg. Kogler: Welches Kapitel ist das?) In Europa exportieren bereits ein Drittel der KMU ins Ausland, und die Hälfte davon auch nach Übersee. (Abg. Glawischnig-Piesczek: Woher wissen Sie das? – Abg. Kogler: Können Sie dem Nationalrat dieses Kapitel zur Verfügung stellen?)

Natürlich prallen bei diesem Abkommen unterschiedliche Lebenswelten aufeinander, wir haben das schon gehört, und auch das Investitionsschutzabkommen steht in Kritik. Aber wie man vorgestern der „FAZ“ entnehmen konnte, nimmt die Kommission die Kritik jetzt ernst. Sie wird den Investitionsschutz viel enger fassen, sie wird ihn transparenter machen. Handelskommissar Karel de Gucht wird ein Konsultationspapier vorstellen, in welchem kein Zweifel daran gelassen wird, dass die EU und ihre Mitglied­staaten frei darin bleiben, Regeln zu erstellen, die dem Schutz der Bürger dienen. Verbände sollen nicht nur Einblick in Klagen erhalten, die Unternehmen auf der Grundlage dieses Investitionsschutzes gegen Staaten anstrengen, sondern sich direkt in das Verfahren einbringen können. (Abg. Belakowitsch-Jenewein: Wer hat Ihnen diese Rede geschrieben?) Zudem will der Kommissar unterbinden, dass eine regelrechte Klageindustrie entsteht, was natürlich die klagefreudigen US-Konzerne betrifft.

Klar ist, dass unsere Unternehmer Investitionsschutz brauchen, und unsere 62 Abkom­men haben sich auch in der Vergangenheit bewährt. Für Investitionen im Ausland braucht man klare Regeln. Klare Regeln, Transparenz und eine hohe Einbindung sind Voraussetzungen für ein solches Jahrhundertabkommen, das das Ziel haben muss, gegen Produktfälschungen, illegalen Handel und Korruption vorzugehen und die hohen Standards aufrechtzuerhalten, die wir in Europa und in Österreich haben. Zudem müssen aber auch entsprechende Chancen für KMU eingeräumt werden.

 


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