Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 140

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Auch der Rechnungshof empfiehlt weitreichendere Reformen:

"Alle öffentlichen Aufgaben mit Ausnahme der Verteidigung werden in Österreich von den verschiedenen Gebietskörperschaften finanziert. Dies führt zu:

einer Verflochtenheit der Finanzströme;

einem immer stärkeren Steuerverbund;

einem immer komplexeren Transfersystem zwischen Gebietskörperschaften;

der Ausweitung der Finanzausgleichsmasse seit 1995 um mehr als 60% und;

einem relativ geringen Anteil von eigenen Steuereinnahmen an den laufenden einnahmen bei Ländern und Gemeinden

Durch seine den Bund, die Länder und die Gemeinden umfassende Betrachtungsweise hat der RH mehrfach das System des Finanzausgleichs und die Komplexität der Finanzströme sowie die Transferverflechtungen zwischen den Gebietskörperschaften aufgezeigt; im Tätigkeitsbericht für das Jahr 2005 beispielsweise für die Sozialhilfe und das Gesundheitswesen. Seiner Ansicht nach könnte eine Neugestaltung der Transfers zu einer Effizienzsteigerung im Gesamtsystem und zu bedeutenden Einsparungen führen. Eine Reduzierung von Zweckbindungen im Finanzausgleich würde überdies den Gestaltungsspielraum der Gebietskörperschaften erhöhen. Der RH regt daher eine Vereinfachung und transparentere Gestaltung des Finanzausgleichs an.

Aufgrund der Verflochtenheit des Systems erfordert die Zusammenführung von Finan­zierungs-, Aufgaben- und Ausgabenverantwortung parallel immer auch eine Reform der Finanzverfassung und des Finanzausgleichs. Diese Reform sollte insbesondere zu einer Reduzierung der Vielfältigen und intransparenten Transferströme (z.b. Länder­kopfquotenausgleich, Gemeindekopfquotenausgleich, Bedarfszuweisungen an die Gemeinden, Zweckzuschüsse) zwischen den öffentlichen Haushalten führen.

Reformbedarf besteht weiters beim kommunalen Lastenausgleich zwischen den Gemeinden. So wurden überörtliche Schutzdefizite bei Naturgefahren beispielsweise deshalb nicht behoben, weil die notwendigen Finanzmittel und Flächen nur von jener gemeinde zur Verfügung zu stellen waren, die den Antrag für ein Schutzprojekt stellt, diese jedoch vielfach kein besonderes Interesse an anderen Gemeinden zu Gute kommenden Schutzmaßnahmen hatte. Am Beispiel der Sozialhilfe in den Ländern Nieder- und Oberösterreich empfahl der RH, die Sinnhaftigkeit der zahlreichen miteinander verwobenen Transfernströme zwischen den Gebietskörperschaften und deren komplexe Berechnungsgrundlagen zu evaluieren. Außerdem empfahl er eine Evaluierung der Mitbestimmungsrechte der finanzierenden Rechtsträger in Bezug auf ihre Finanzierungsverantwortung (z.B.: für die finanziell stark belasteten Gemeinden im kostenintensiven Bereich der Sozialhilfe." (Rechnungshof: „Verwaltungsreform 2011“, S. 140-141)

Schon im Regierungsprogramm 2008 verschrieb man sich einer ?Entflechtung und transparentere Gestaltung der horizontalen und vertikalen Transferströme unter bzw. zwischen den Gebietskörperschaften" (Regierungsprogramm 2008 – 2013, S.269). Da es aber nicht zu einer Neuverhandlung des Finanzausgleichsgesetzes kam und die Reformen in die Zukunft verschoben wurden, hat die Bundesregierung ein weiteres Mal Mutlosigkeit angesichts komplexer Herausforderungen und Entscheidungsnotwendig­keiten bewiesen.

 


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