Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll18. Sitzung / Seite 128

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Die seelischen Belastungen in allen Ausprägungen, von Scheidung und Überforderung der Eltern über Verwahrlosung und Gewalt bis hin zu sexuellem Missbrauch, denen diese jungen Menschen in einem desolaten Elternhaus schon seit frühester Kindheit ausgesetzt waren, kann man sich als „normaler“ Mensch nicht vorstellen! Das führt ganz einfach zu Entwicklungsrückständen, das ist eine Tatsache. Das wird Ihnen auch jeder Experte bestätigen; es ist so.

Ich komme selbst aus einer Gemeinde, in der ein SOS-Kinderdorf ist – Pötsching im Burgenland –, und spreche hier auch aus eigener Erfahrung, weil ich die Menschen und viele Betroffene persönlich kenne.

Die Kinder haben in Wirklichkeit kaum eine Chance, dass sie mit 18 Jahren eine Aus­bildung, egal, ob Schule oder Lehre, abgeschlossen haben und mit gutem Gewissen von der Gesellschaft in die Berufswelt entlassen werden können. Das geht nicht.

Sollten diese Unterstützungsleistungen nicht gewährt werden und diese Kinder tat­sächlich mit 18 Jahren aus den Einrichtungen entlassen werden, dann lassen wir ge­nau jene im Stich, die es am schwierigsten im Leben haben. Wir nehmen diesen Kin­dern damit jede Perspektive, ein normales Leben zu führen, und das, meine sehr ver­ehrten Damen und Herren, wird dem Staat schlussendlich erst recht auf den Kopf fal­len!

Sprechen Sie mit Sozialpädagogen, sprechen Sie mit Sozialarbeitern, gehen Sie hi­naus, sie werden Ihnen sagen, wie viele dieser Kinder, die entlassen worden sind und nicht mehr betreut werden, in Kriminalität, in Drogenabhängigkeit oder in Arbeitslosig­keit abstürzen. Die Zahl ist erschreckend! Ich male hier kein Schreckensszenario an die Wand, sondern das ist die Realität!

Die Beendigung von Maßnahmen der Jugendhilfe darf meines Erachtens nicht an das Alter geknüpft sein, sondern muss sich ausschließlich an Kriterien der Selbsterhal­tungsfähigkeit jedes einzelnen Jugendlichen orientieren. (Beifall beim Team Stronach.)

Da darf das Alter keine Rolle spielen, es muss jeder Fall individuell geprüft werden. Und da darf es auch nicht um das Geld oder um irgendwelche Prüfungen, bei denen wir uns das über Jahre hinweg anschauen, gehen. Die Kinder brauchen jetzt unsere Hilfe!

Nur so wird man den Kindern und den Jugendlichen längerfristig helfen und ihnen auch ein normales Leben ermöglichen können.

Und das liegt für mich auch auf der Hand: Wenn wir diese Kinder jetzt im Stich lassen, dann liegen sie als Erwachsene dem Staat ein Leben lang auf der Tasche. Sie bleiben ein Leben lang Empfänger von Transferleistungen. Sie haben gar keine Chance be­kommen, eine normale Ausbildung oder eine Schule zu absolvieren. Sie bleiben Emp­fänger von staatlichen Transferleistungen. Sie sehen damit, es ist das nicht nur eine ethische Frage, sondern auch eine ökonomische Frage, die wir uns hier stellen und die wir beantworten müssen.

Ich appelliere daher an Sie: Retten wir doch bitte einmal zur Abwechslung keine Ban­ken oder Finanzinvestoren, sondern retten wir Jugendliche und Kinder und geben wir ihnen mit der Gewährung von Unterstützungsleistungen die Chance, dass sie ein nor­males Leben führen können. – Danke schön. (Beifall beim Team Stronach und bei Ab­geordneten der Grünen.)

15.07


Präsident Karlheinz Kopf: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 146/A dem Familienausschuss zu.

 


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