Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll18. Sitzung / Seite 136

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ganz konkret die Frage stellen: Ist das ein lebensnahes, ist das ein praxisnahes Mo­dell? – Die Antwort lautet: Leider überhaupt nicht!

Man muss sich auch folgende Frage stellen: Wenn jemand zum Beispiel sehr gut quali­fiziert ist und die Möglichkeit hat, in die USA, nach Australien oder nach Kanada auszu­wandern, warum sollte er sich für Österreich entscheiden, zumal Deutsch leider keine Weltsprache ist? Die wichtigste Weltsprache ist nun einmal Englisch. Die Frage muss man leider so beantworten: In Kanada oder in den USA schaut es zum Beispiel so aus, dass jemand, der hoch qualifiziert ist und dort eine Arbeit beziehungsweise Arbeitge­ber/Arbeitgeberinnen findet, die ihn beschäftigen wollen, ein unbefristetes Aufenthalts­recht bekommt. In unserem System mit der Rot-Weiß-Rot-Karte bekommt er ein ein­jähriges Visum, das er vielleicht verlängern kann, vielleicht auch nicht.

Die Einkommenshürden wurden genannt. Dass die Familienzusammenführung in den meisten Fällen selbst von gesuchten, qualifizierten Arbeitskräften einer Quote unter­liegt, wurde noch nicht genannt. Also es gibt mehrere Punkte, die wir im Ausschuss im Detail besprechen sollten beziehungsweise müssen. Tatsache ist: Diese sogenannte Rot-Weiß-Rot-Karte ist nicht lebensnah, ist nicht praxisnah, muss reformiert werden! Sie ist, wie die Bundesregierung meint, ja dazu geschaffen worden, um Studienabsol­venten und -absolventinnen in Österreich zu halten, die bei uns jahrelang studiert und ein Studium abgeschlossen haben, oder qualifizierte Personen nach Österreich zu ho­len oder in Österreich zu halten.

Ich freue mich auf die Diskussion darüber. Ich hoffe, dass sie ohne Scheuklappen, sachlich und fundiert ablaufen wird. Vielen Kritikpunkten, die von NEOS geäußert wur­den, schließen wir uns an und sind auch der Meinung, dass die Rot-Weiß-Rot-Karte dringend modernisiert und reformiert werden sollte. Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.32


Präsident Karlheinz Kopf: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Köchl. – Bitte.

 


15.32.18

Abgeordneter Matthias Köchl (Grüne): Geschätzte Damen! Geschätzte Herren! Ge­schätzte Zuseherinnen und Zuseher vor den Fernsehapparaten und vor dem Internet! Jede Schlüsselkraft ist ein Gewinn fürs Österreichs Arbeitsmarkt. Das sage nicht ich hier heute, sondern das sagt AMS-Vorstand Johannes Kopf, und er hat recht damit.

Ich bin auch über die Ausführungen von SPÖ-Seite sehr verwundert. Wir müssen end­lich einmal kapieren, dass es in der Wirtschaft sehr stark um Teamarbeit geht. Oft ist es ein Problem, wenn nur einer im Team – sei es zum Beispiel der Programmierer aus Indien – nicht die Möglichkeit hat, hier in Österreich tätig zu werden. Da legen wir Hür­den in den Weg und riskieren Tausende andere Arbeitsplätze durch diese Einzelhal­tung.

Wir haben mit dieser Rot-Weiß-Rot-Karte grundsätzlich ein richtiges Instrument ge­schaffen – das hat meine Kollegin Korun auch schon gesagt –, aber wir haben die Hür­den zu hoch angesetzt und die Karte zu unattraktiv gemacht. In Deutschland hat man nach dem Studienabschluss zum Beispiel 18 Monate lang die Möglichkeit, einen Job zu suchen. In Österreich geht es gerade einmal um den Vorschlag von 6 auf 12 Mona­te zu gehen. Ich sage das deshalb, weil wir uns immer wieder auch gerne mit Deutsch­land vergleichen.

Wir müssen eine Struktur schaffen, die eine Willkommenskultur schafft. Wir müssen ei­gentlich den roten Teppich für diese Schlüsselkräfte ausrollen, sie willkommen heißen und nicht die Logik verfolgen, die immer auch von FPÖ-Seite kommt, nämlich so zu tun, als ob jemand mit fremder Staatsbürgerschaft als Bittsteller hierher kommt. Das ist genau das Grundübel! Es sind keine Bittsteller und Bittstellerinnen, sondern wir können


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