Nationalrat, XXV.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung / Seite 48

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Meine Damen und Herren! Herr Bundeskanzler! Ist es einem sozialdemokratischen Bundeskanzler in der Republik Österreich im 21. Jahrhundert zumutbar, die gleichen Erkenntnisse zu haben wie ein Monarch im 19. Jahrhundert sie gehabt hat? Ich hoffe schon, denn die Kürzungen, die wir haben, sind leider manifest. (Beifall bei den Grü­nen. – Zwischenruf des Abg. Krainer.)

Kollege Krainer ist schon wieder so aufgeregt. Jetzt regen Sie sich nicht auf, hören Sie sich das an, und wir diskutieren das dann in Ruhe weiter! Keine Bange! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Krainer. Sie schreien die ganze Zeit. Hören Sie sich das an! (Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Krainer und Schieder. – Präsidentin Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)  Sie sollten als Finanzexperte wissen, dass Bildungs­ausgaben Investitionen (Abg. Krainer:  in die Zukunft sind!) in die Zukunft sind. Oder? Sie sollten das wissen. (Abg. Krainer: Das sage ich ja!)  Okay. Wenn Sie es schon gehört haben, dann setzen Sie es doch bitte auch um!

Es gilt im Bildungsbereich genau dasselbe, was für jeden Bauern gilt: Wer ernten möchte, der muss vorher säen! Das sind Investitionen! Aber das, was wir heute hier verbrechen, werden wir in 10 Jahren nicht ernten beziehungsweise werden es ernten durch höhere Sozialausgaben, durch Korrekturmaßnahmen, durch entsprechende Pro­bleme. Das hat Ihnen übrigens Ihr ehemaliger Finanzminister Androsch alles vorge­rechnet. (Beifall bei den Grünen.)

Nächster Punkt: Ganztagsschulen. – Frau Ministerin, heute hören wir, dass nicht ge­kürzt wird. In den vergangenen vier Jahren haben Sie die 80 Millionen, die Sie jetzt kürzen, gezählte viermal als Initiative der Regierung versprochen. (Zwischenbemer­kung von Bundesministerin Heinisch-Hosek.) Gekommen ist gar nichts! Jetzt sagen Sie uns: Ja, die kommen, aber wir nehmen von diesem Zuwachs ein bisschen etwas weg, und das ist dann keine Kürzung, sondern eine Steigerung! (Neuerliche Zwischen­bemerkung von Bundesministerin Heinisch-Hosek.) Mit diesen Zaubertricks werden Sie die Österreicherinnen und Österreicher nicht überzeugen.

Ich bin auch schon gespannt darauf, was Sie zu jener Passage im Regierungspro­gramm sagen werden, in welcher steht, dass der sonderpädagogische Förderbedarf, also jener Bedarf, den wir für Kinder mit Behinderungen brauchen, auf das tatsächliche Ausmaß angehoben wird. Derzeit sind es 2,7 Prozent dessen, was wir insgesamt für die Schule ausgeben. Die Landeshauptleute haben gesagt, der Bedarf liege bei min­destens 4,5 Prozent. Frau Ministerin, da bin ich gespannt, ob Sie Ihr eigenes Pro­gramm durchsetzen oder ob das dann auch wieder keine Kürzung ist. – Meine Damen und Herren, das ist schlicht ein Skandal!

Ich darf auch noch auf etwas anderes verweisen, nämlich: Wir sollten im Bildungs­bereich – und das ist gute Usance im Unterrichtsausschuss – sachlich diskutieren. Ich würde vorschlagen: Wir schauen uns einmal im Unterrichtsausschuss – und das wäre auch für die gesamten Regierung wichtig – die ORF-Sendung „Schule fürs Leben“ an. Die ist jeden Montag zu sehen. Jeden Montag werden dort Beispiele vorgeführt, und es ist sehr berührend, was da abgeht, denn es ist die Realität. In dieser Sendung wird un­ter anderem gezeigt, was sich an unseren Neuen Mittelschulen abspielt.

Zum Beispiel: Eine Klasse mit 28 Schülern, und ein einziger Schüler davon hat Deutsch als Muttersprache. Es sind große Sorgen, die die Lehrerinnen und Lehrer dort haben. Was tut der ORF? – Er führt diese Neue Mittelschule mit einer AHS-Unterstufe zusam­men, engagiert fünf zusätzliche Lehrkräfte, und bereits nach einem Monat sieht man deutliche Steigerungen, sieht man, wie die Kinder – insbesondere in der Neuen Mit­telschule – profitieren, merkt man, wie eine pädagogische Aufbruchsstimmung entstan­den ist, und zwar an beiden Schulen. Und die Lehrkräfte beider Schulen sagen: Ja, wir müssen in diese Richtung gehen!

 


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